Präsidentenpaar soll neben Königen liegen Polen streiten über Kaczynskis Ruhestätte

Warschau (RPO). Die Polen verabschieden sich von ihrem toten Staatsoberhaupt Lech Kaczynski und dessen Frau. Die Särge sind öffentlich aufgebahrt. Das Ehepaar soll in der Krakauer Wawel-Kathedrale beigesetzt werden, der Ruhestätte der polnischen Könige. Doch die Entscheidung für eine Beisetzung an dem symbolträchtigen Ort weckt Proteste.

Polen protestieren gegen Beisetzung in Krakau
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Polen protestieren gegen Beisetzung in Krakau

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Die Beerdigung soll am kommenden Sonntag stattfinden. Zahlreiche hochrangige Staatsgäste haben ihr Kommen angekündigt. Unter anderem werden US-Präsident Barack Obama, der französische Präsident Nicolas Sarkozy und Russlands Präsident Dmitri Medwedew erwartet. Aus Deutschland werden Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Horst Köhler anreisen.

Doch der Ort, andem Polens Präsidentenpaar seine letzte Ruhe finden soll, stößt auf offenen Widerspruch. Kritiker glauben, es handle sich um eine politische Entscheidung. Die Kathedrale ist den Polen so etwas wie ein nationales Heiligtum. Die Gruft beherbergt die Grabstätten von 20 Monarchen, die das Land vom 14. bis zum 18. Jahrhundert regierten. Einem Präsidenten wurde die Ehre bislang nicht zuteil.

Bekannt gegeben hatte die Entscheidung für Krakau der Bürgermeister der südpolnischen Stadt, Jacek Majchrowski, am Dienstag über polnische Medien. Zur Begründung hieß es, die Angehörigen des Präsidentenpaares hätten sich für das Gotteshaus entschieden. "Es wurde endgültig entschieden, dass der passendste Ort für ein Begräbnis der Wawel ist", zitieren die Medien dann später den Krakauer Erzbischof Stanislaw Dziwisz.

Nun wächst der Protest. In Krakau kamen am Dienstagabend Hunderte Menschen zusammen, um gegen eine Beisetzung der Kaczynskis in der Krakauer Kathedrale zu demonstrieren. Auf Schildern und Transparenten sprachen sie dem zu Lebzeiten umstrittenen Kaczynski den Rang ab, neben Königen beerdigt werden zu dürfen. "Lech Kaczynski war kein König", steht dort zu lesen. "Ist er wirklich eines Königs würdig?", heißt es auf einem anderen Schild.

Die katholische Kirche in Polen wies die Kritik zurück. Lech Kaczynski und seine Frau Maria verdienten es "neben den Königen, Helden und Führern" Polens in der Krakauer Wawel-Kathedrale bestattet zu werden, sagte der Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz am Dienstagabend. Er rief das Land zur Einheit und Vaterlandsliebe auf.

Wenn die Entscheidung für die Beisetzung in der Wawel in Polen auf Angehörige und Familienkreise zurückgeführt wird, dann läuft das vor allem auf Lechs Zwillingsbruder Jaroslaw hinaus. Nach Angaben von "Zeit Online" bestätigten dies inzwischen inoffiziell auch Vertreter der rechtskonservativen Partei der Kaczynskis "Recht und Gerechtigkeit".

Man tut dem Zwillingsbruder des Präsidenten sicher kein Unrecht, wenn man vermutet, dass er das Kaczynski-Erbe in Polen am Leben erhalten möchte. Der Tod seines Bruders hat ihn sichtlich schwer getroffen. Nach Angaben seiner Partei hat er derzeit "keinen Kopf" für Politik. Ein enger Mitarbeiter Kaczynskis sagte am Dienstag, dieser habe bei dem Flugzeugabsturz außer seinem Bruder auch sehr viele Freunde verloren.

Dazu kommt noch, dass die 84 Jahre alte Mutter der Kaczynskis seit mehr als einem Monat schwer krank im Krankenhaus liegt. Für die anstehende Präsidentschaftswahl in Polen galt Kaczynski vielen Beobachtern als natürlicher Kandidat der PiS für die Nachfolge seines Bruders.

Nach dem tödlichen Absturz der polnischen Präsidentenmaschine am Samstag ist derweil ein Großteil der Opfer identifiziert worden. Bisher habe die Identität von insgesamt 64 Toten geklärt werden können, sagte ein Sprecher des russischen Katastrophenschutzministeriums am Mittwoch der Nachrichtenagentur ITAR-TASS.

Die ersten Angehörigen seien deshalb bereits auf dem Rückweg nach Polen. Die polnische Regierung hatte am Dienstagabend mitgeteilt, dass am Mittwoch die sterblichen Überreste von 30 Opfern von Moskau nach Warschau überführt werden sollen.

Bei dem Unglück waren am Samstag nahe der westrussischen Smolensk waren alle 96 Insassen ums Leben gekommen, darunter neben dem polnischen Staatschef Lech Kaczynski und seiner Ehefrau Maria zahlreiche Mitglieder der polnischen Führungselite.

Polen ist drei Tage nach dem Absturz immer noch wie gelähmt. Am Dienstag nahmen Tausende die Gelegenheit war, sich von ihrem getöteten Staatsoberhaupt und seiner Frau verabschieden zu können. Dabei kam es zu ergreifenden Szenen.

Vor dem Präsidentenpalast, in dem die Särge der beiden Toten feierlich aufgebahrt worden sind, bildete sich eine über einen Kilometer lange Warteschlange. "Wir werden hier warten, solange es dauert", sagte Rentnerin Alicja Marszalek, eine der Wartenden. "Wir wollen ihnen die letzte Ehre erweisen, da sie wundervolle Menschen waren. Er war ein bescheidener Mann, intelligent und freundlich." Lech Kaczynski spaltet die Polen auch nach seinem Tod.

(KNA/RTR/AFP)
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