Ermittlungen gegen die CIA Obama in der Folter-Falle

Düsseldorf (RPO). Der interne Folterbericht der CIA brachte das Fass zum Überlaufen. US-Präsident Barack Obama lässt seinem Justizminister freie Hand, strafrechtliche Ermittlungen gegen die CIA aufzunehmen. Dabei hatte Obama bisher stets versucht, einen Schlussstrich unter die Bush-Ära zu ziehen, ohne schmutzige Wäsche zu waschen. Politisch droht ihm jetzt ein mittlerer Alptraum.

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Foto: dpa

Nach Angaben von Gewährsleuten hat US-Justizminister Eric Holder bereits einen Sonderstaatsanwalt bestimmt, um die Verhörmethoden der früheren US-Regierung vor Gericht aufarbeiten zu lassen. Die Aufgabe soll John Durham übernehmen. Der Rechtsexperte ermittelte bereits zur Vernichtung von Videoaufzeichnungen aus CIA-Verhören, wie die Nachrichtenagentur AP aus Kreisen des Justizministeriums erfuhr.

Die vorliegenden Informationen rechtfertigten Vorermittlungen mit dem Ziel, festzustellen, ob bei den Verhören "bestimmter Gefangener außerhalb der Vereinigten Staaten" US-Bundesgesetze verletzt worden sein, erklärte Holder. Es sei ihm klar, dass die Untersuchungen Kritik hervorrufen würden, fügte der Justizminister hinzu.

Die grausigen Details des CIA-Berichts

Damit dürfte er recht behalten. Jede Menge Kritik wird es in der amerikanischen Öffentlichkeit gleich in zweifacher Hinsicht geben. Zum einen birgt der interne Untersuchungsbericht der CIA grausige Details:

Dem mutmaßlichen Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001, Khalid Sheik Mohammed, sei mit der Tötung seiner Kinder gedroht worden, heißt es da. Sollte es weitere Anschläge in den USA geben, "werden wir deine Kinder umbringen", sagte ein Vernehmungsbeamter einem Kollegen zufolge. Einem weiteren Verdächtigen wurde demnach mit sexuellen Übergriffen auf seine Mutter vor seinen eigenen Augen gedroht.

Aus dem Bericht geht außerdem hervor, dass CIA-Mitarbeiter einen Verdächtigen mit vorgehaltener Waffe und einer Bohrmaschine bedroht haben, wie Mitarbeiter des Kongresses am Freitag der AP bestätigten. Einen Gefangenen mit dem Tod zu drohen verstieß zu jedem Zeitpunkt gegen US-Recht. In den USA macht sich angesichts solcher Praktiken Entsetzen breit. Viele US-Bürger die die Regierung Bush ohnehin schon verabscheuten, werden sich bestätigt fühlen.

Steilvorlage für Dick Cheney

Das aber ist nur die eine Seite Amerikas. Wer in der innenpolitischen Debatte zum Thema Folter nur ein wenig zurückblickt, weiß, dass Amerika sich nicht nur an menschenrechtlichen Prinzipien ausrichtet. Mindestens ebenso stark wiegt das Argument der eigenen Sicherheit. Und das ist ganz das Revier des ehemaligen Vize-Präsidenten Dick Cheney.

Reflexartig verteidigte Cheney am Dienstag die Praktiken des Geheimdienstes gegen jegliche Kritik. Die Verhöre von Terroristen, die den "harten Verhörmethoden" ausgesetzt worden seien, hätten einen Großteil der Geheimdiensterkenntnisse über Al Kaida geliefert, erklärte Cheney in einer Stellungnahme. "Diese Erkenntnisse haben Leben gerettet und Terroranschläge verhindert", sagte Cheney. Die Veröffentlichung zeige, wieso so viele Amerikaner Zweifel hätten, ob die Regierung von Präsident Barack Obama der Verantwortung für die Sicherheit des Landes gewachsen sei. Das, was Cheney im Einklang mit der Rechtsauffassung der früheren US-Regierung als harte Verhörmethoden bezeichnet, gilt in den Augen der Obama-Administration als Folter.

Dass Cheney und Obama beim Thema Folter aneinandergeraten ist nicht neu. Schon mehrfach hat es in der Vergangenheit Auseinandersetzung gegeben. Der ehemalige Vize warf Obama damals einen verweichlichten Kurs im Kampf gegen den Terrorismus vor, der die Sicherheit des Landes gefährde. Das Leitprinzip des Republikaners: "Keep America Safe", "Amerikas Sicherheit bewahren".

In zahlreichen Angriffen traktierte er damals Obama, der zuvor die Geheimdienst-Praktiken im Kampf gegen den Terror scharf kritisiert hatte. Sein Vorwurf: Obama gefährde das Leben von hunderttausenden Amerikanern, wenn er den Kampf gegen den Terror aufweiche. Das gleiche einer Einladung an die Terroristen, erneut über die USA herzufallen. Die Obama-Regierung "verhätschele" die Terroristen und sei bereit "eher amerikanische Leben zu opfern als intelligente Befragungsprogramme durchzuführen".

Obamas Versöhnungskurs erleidet Schiffbruch

Die Crux an der Sache, die Obama nun erneut in die Bredouille zu bringen droht: In der öffentlichen Meinung konnte Cheney damit punkten. Und aktuelle Umfragen belegen, dass sich das nicht geändert hat. Im Gegenteil: Die meisten Amerikaner pflegen in Sachen Folter ähnliche Ansichten wie Cheney. Demnach glaubt eine Mehrheit, dass Folter ein legitimes Mittel ist, wenn sie denn Informationen zu Tage befördert, die Amerikas Sicherheit dienen.

Fakt ist: Die Praxis der CIA vor Gericht aufzuarbeiten, wird genau die Themen zurück in die Diskussion bringen, die Obama längst begraben wollte. Der US-Präsident wollte das Land wieder mit sich versöhnen. Nun gleicht die Ausgangslage eher einem Rückfall in die Grabenkämpfe der Bush-Ära.

mit Material von AP

(Von Philipp Stempel/pst)
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