"The Voice of Germany" Einmal Star-Potential, bitte!

Düsseldorf · Casting-Shows für Gesangstalente bringen in Deutschland bisher meist nicht mehr als mittelmäßige Eintagsfliegen am Pophimmel hervor – wenn überhaupt. Mit "The Voice of Germany" soll das anders werden. Doch wie groß sind die Chancen der Finalisten, sich bei einem Sieg wirklich dauerhaft im Musikbusiness zu etablieren?

Die Finalisten von "The Voice of Germany"
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Casting-Shows für Gesangstalente bringen in Deutschland bisher meist nicht mehr als mittelmäßige Eintagsfliegen am Pophimmel hervor — wenn überhaupt. Mit "The Voice of Germany" soll das anders werden. Doch wie groß sind die Chancen der Finalisten, sich bei einem Sieg wirklich dauerhaft im Musikbusiness zu etablieren?

DSDS, X-Faktor, Popstars — alle Gewinner dieser Casting-Shows haben in der Vergangenheit schneller den Weg in die Vergessenheit geschafft, als den in die Charts. Die wenigen Ausnahmen, bei Popstars waren es die "No Angels", wurden in den Anfängen der Musik-Shows geboren, heute ist die Chance, als Casting-Star eine echte Karriere als Sänger zu starten eher mythologisch als realistisch.

Leistungsdruck und Erfolgsloch

Die Hoffnungen der Kandidaten sind zwar groß, das Engagement meist enorm, doch die Realität schlägt schneller zu, als der schöne Traum zu Ende geträumt werden kann. Oft liegt es daran, dass die sogenannten Stars eher Mittelmaß als Weltklasse sind, aber die Gründe für das schnelle Scheitern sind noch vielfältiger. Die meisten Formate sind nicht dafür ausgelegt, echte Stars hervor zu bringen.

Ein Problem ist, dass die Kandidaten allzu oft während der Show auf das härteste gepuscht werden. Plötzlich stehen sie unter enormen Leistungsdruck und sehen sich mit einem breiten öffentlichen Interesse konfrontiert. Das geht meist so rasant von statten, dass der Traum vom Ruhm sich schneller festsetzt, als das Wissen um den harten Konkurrenzkampf, der nach den Shows folgt.

Die wenigsten Gewinner sind hinterher in der Lage, mit dem plötzlichen Abfall des allgemeinen Interesses umzugehen und sich lange genug durchzubeißen, bis sich vielleicht doch endlich Singels und Alben in den Charts platzieren lassen - ein alltäglicher Kampf eines jeden Nachwuchsmusikers. Bei vielen der Casting-Gewinner fehlt das dafür nötige Durchhaltevermögen, weil der kurzfristige Ruhm der Sendephase den Blick auf die harte Realität verfälscht.

Geld oder Gold?

Ein weiteres Problem ist, dass den Sendungen angeschlossene Management der Sängerinnen und Sänger Den Machern der Show geht eher um das schnelle kurzfristige Geld, als darum sich dauerhaft und ernsthaft für einen Künstler einzusetzten und in ihn zu investieren. Entsprechend leicht und oberflächlich sind die ersten Lieder geschrieben, mit denen die Gewinner dann aus den Shows entlassen werden.

Die kommerziellen Songs eignen sich meist nur für eine kurzzeitige Chartsplatzierung, sind austauschbar und von jedem halbwegs fähigem Musiker singbar, echtes Profil und Alleinstellungsmerkmale fehlen. Mit dem ersten Sieger von "The Voice of Germany" könnte eine Wende dieser Phänomene eingeleitet werden. Die Chancen dafür stehen gut.

Zum Einen gibt es da die sehr erfolgreichen Coaches, wie Rea Garvey oder Xavier Naidoo. Der 40-jährige Naidoo ist nicht nur als Sänger innerhalb Deutschlands unglaublich etabliert und erfolgreich, auch seine eigenen Plattenlabels fördern nachhaltig und gewinnbringend verschiedene Künstler. Was der Mann anfasst wird zu Gold - in doppelter Hinsicht.

Neue Hoffnungsträger

Zum Anderen sind da die Finalisten, die tatsächlich ein gewisses Erfolgspotential mitbringen. Besonders der 21-jährige Michael Schulte hat bereits gezeigt, dass er aus eigener Kraft so einiges erreichen kann. Bei YouTube ist er Klickmillionär und schon vor "The Voice of Germany" schaffte er es auf eine Bühne mit Rea Garvey.

Aber auch seine größte Konkurrentin, Ivy Quainoo, hat durchaus gute Chancen auf einen dauerhaften Erfolg. Die 19-jährige Sängerin schafft es mit erstaunlicher Ruhe jedem Lied, das sie performt, eine eigene Note zu verleihen. Dabei wirkt sie bodenständig und charismatisch zugleich - eine gute Kombination. Wenn die Macher und Produzenten die richtigen Titel für ihre Künstler aussuchen, kann man sich vielleicht endlich einmal auf einen neuen deutschen Star freuen.

Schön wäre es, denn das leidvolle Geschick junger Menschen, die sich im Fernseh-Pop-Business verheizen lassen und danach chancenlos zurück bleiben, ist allmählich überreizt, der Zuschauer resigniert und gelangweilt. Ein echter Star am Ende von "The Voice of Germany" wäre nicht nur eine positive Überraschung sondern auch eine Erleichterung für die Gemüter. Am Ende wird das entsprechende Management über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Hoffentlich bietet das dem Gewinner endlich einmal eine seriöse Unterstützung.

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