DNA-Patzer im Fall der "Phantommörderin" "Riesenpanne sehr wahrscheinlich"

Stuttgart (RPO). Alles deutet auf eine Riesenpanne im Fall der mutmaßlichen Serientäterin und Heilbronner Polizistenmörderin hin: Die baden-württembergischen Minister Ulrich Goll und Heribert Rech sprachen am Donnerstag in Stuttgart von einer sehr hohen Plausibilität und Wahrscheinlichkeit, dass die DNA-Spur nicht von der vermeintlichen Täterin stammt, sondern von einer Verunreinigung auf Wattestäbchen der Ermittler.

Heilbronn: Die rätselhaften Spuren des "Phantoms"
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Foto: AP

Wann es Sicherheit über die Herkunft der DNA-Spur des "Phantoms" gibt, ist laut Landeskriminalamt noch nicht absehbar.

Der baden-württembergische Innenminister Heribert Rech sagte der AP, es gebe eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Verunreinigung der Spur. Sollte dies der Fall sein, wäre es ein Rückschlag für die Ermittler. Der Polizei mache er keinen Vorwurf, niemand habe ahnen können, dass die Wattestäbchen möglicherweise verunreinigt gewesen seien.

Im Falle eines Fehlers bei der Herstellung oder Verpackung der Wattestäbchen wolle das Land Schadenersatzansprüche bei der Lieferfirma prüfen. "Es sind erhebliche Kosten entstanden." Es seien mehrere Landeskriminalämter betroffen, sagte der Minister. Er warnte davor, die Zuverlässigkeit von DNA-Proben generell anzuzweifeln.

Ähnlich äußerte sich Justizminister Goll. Der Verdacht, dass die Wattestäbchen verunreinigt gewesen sein könnten, habe "eine hohe Plausibilität". Die Polizei habe keine Fehler gemacht. Sollte es tatsächlich Verunreinigungen geben, müssten Sicherungsmechanismen eingebaut werden, forderte Goll.

Gütesiegel gefordert

Laut Zeitungsberichten brachten Ermittler in Österreich das LKA in Baden-Württemberg auf die Panne. Bei einem tödlichen Streit in einer Disco in Linz im September 2008 sei die DNA des Phantoms aufgetaucht, Ermittlungen im Umfeld des Toten hätten aber nicht den geringsten Hinweis auf das Phantom gebracht, berichten die "Heilbronner Stimme" und die "Süddeutsche Zeitung" in ihren Freitagausgaben. Der Verdacht sei dann auf die Wattestäbchen gefallen, das LKA sei seit Januar darüber informiert gewesen.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) forderte eine Art Gütesiegel, um Falschanalysen wegen Verunreinigungen auszuschließen. BDK-Sprecher Bernd Carstensen sagte den "Stuttgarter Nachrichten": "Die Hersteller sollten den Packungen DNA-Merkmale der beteiligten Mitarbeiter als Code beilegen."

Nach Auffassung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist die DNA-Analyse bei der eindeutigen Überführung von Tätern nicht infrage gestellt. "Es muss untersucht werden, ob Nachlässigkeiten aufseiten des Herstellers zu einem Berg unnützer Arbeit für die ermittelnden Kollegen geführt haben, jedoch ist nahezu auszuschließen, dass aufgrund einer solchen Panne tatsächlich jemals ein Unschuldiger für eine Tat verurteilt wird, die er nicht begangen hat", sagte GdP-Chef Konrad Freiberg.

Eine DNA-Spur sei in der Regel immer nur ein Beweismittel von mehreren, die in einem Strafverfahren zur Überführung des Täters und letztendlich zur Verurteilung führten. Es sei allerdings unabdingbar, dass die Polizei einwandfreies Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt bekomme.

Die Sonderkommission "Parkplatz" beim Stuttgarter LKA arbeite normal weiter, sagte der Behördensprecher. Im Februar hatte das LKA die Ermittlungen übernommen, weil die Polizei in Heilbronn an ihre Belastungsgrenze gekommen war.

(AP)
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