Einsturz des Stadtarchivs Kölner OB zeichnete Krisensitzung heimlich auf

Köln (RP). Zwei Sitzungen des Koordinierungsstabs, der sich mit dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs befasst, wurden von Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) auf Tonband mitgeschnitten. Der OB erklärte, die Aufnahme habe die Anfertigung eines Protokolls erleichtern sollen. Doch die Spitzenbeamten wittern andere Absichten. Plant Schramma, die Aussagen gegen sie zu verwenden? Alle Dezernenten verwahrten sich gestern schriftlich gegen die Mitschnitte. Sie werten die Aufzeichnungen als "Vertrauensbruch".

Bauhelfer durchsuchen Trümmer des Kölner Stadtarchivs
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Der könnte für Schramma Konsequenzen haben. "Ich habe dem Oberbürgermeister erklärt, dass die Mitschnitte strafbar sind", sagte Kölns Stadtdirektor Guido Kahlen (SPD) unserer Zeitung. Das "unbefugte Aufnehmen nicht öffentlicher Äußerungen" ist eine Straftat. Wer als Amtsträger die "Vertraulichkeit des Wortes" verletzt, kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe belegt werden. Die Kölner Staatsanwaltschaft prüft derzeit, ob Ermittlungen gegen den OB eingeleitet werden. Die Opposition spricht in Anspielung auf den Watergate-Abhörskandal des früheren US-Präsidenten Nixon schon vom "Schramma-Gate". Nachdem die Mitschnitte bekannt geworden waren, erklärte der Oberbürgermeister, die Aufnahmen seien gelöscht worden. "Der Fall zeigt, das im Rathaus ein Klima des Misstrauens herrscht", sagt ein Mitglied des Koordinierungsstabs.

Schramma verwies darauf, dass die Aufzeichnung von Sitzungen ein normaler Vorgang sei. Das Aufnahmegerät sei "gut sichtbar und teilweise hörbar gewesen". Er sei "sicher davon ausgegangen", dass der Mitschnitt "gebilligt" war. Bei dem Einsturz des Archivs waren zwei junge Männer ums Leben gekommen. Heute wird sich der Kölner Stadtrat mit der Frage beschäftigten, warum das Historische Archiv nicht auf einer Liste besonders gefährdeter Gebäude entlang der U-Bahntrasse stand. Baudezernent Bernd Streitberger (CDU) soll erklären, warum er brisante Informationen verspätet an den Oberbürgermeister Schramma weitergab.

(RP)
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