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Tiere dringen auch in Wohngebiete vor Jäger warnen vor Wildschweinplage

Kaldenkirchen/Bonn (RP). Der Wildschweinbestand hat sich in einigen Gebieten verdreifacht. Mittlerweile dringen die Tiere auch in Wohngebiete vor und verwüsten Gartenanlagen. Die Zahl der Verkehrsunfälle ist um 38 Prozent gestiegen. Der Jagdschutzverband fordert Präventivmaßnahmen.

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Sie kamen in der Nacht, wühlten den Boden auf, trampelten das Gras platt und fraßen die Pflanzen ab. Heinz Jürgen traute seinen Augen kaum, als er am nächsten Morgen in die kleine Gartenanlage trat, die er und seine Nachbarn auf der anderen Straßenseite, direkt gegenüber ihrer Wohnsiedlung, angelegt hatten. "Die haben den ganzen Park umgepflügt", erzählte er. Jürgen kennt die Übeltäter bereits: Wildschweine. Es war nicht das erste Mal, dass die Tiere direkt neben den Wohnhäusern am Rand von Kaldenkirchen gewütet haben.

"Der Bestand ist im Vergleich zum Vorjahr rasant gestiegen", sagt Thorsten Reinwild, Biologe beim Deutschen Jagdschutzverband (DJV). In manchen Gegenden habe sich die Zahl gar verdreifacht. "Es ist unglaublich, wie schnell sich die Tiere vermehrt haben." Schuld sei der extrem milde Winter im vergangenen Jahr. "Es gab ausreichend Futter in den Wäldern", sagt Reinwild. "Die Wildschweine haben gelebt wie im Schlaraffenland und sich unkontrolliert fortgepflanzt." Darüber hinaus nehme bereits seit einigen Jahrzehnten der Anbau von Mais, einer Lieblingsspeise der Tiere, stetig zu.

Die Wildschweinplage macht den Förstern und Jägern mittlerweile große Sorgen. Denn auch die Zahl der Unfälle mit Wildschweinen ist enorm gestiegen, nämlich um 38 Prozent im Vergleich zur vergangenen Jagdsaison. Auf rund 23 500. "Derzeit sind die Rotten auf der Wanderschaft, weil sie nach der Maisernte auf der Suche nach neuen Futterquellen sind", sagt Reinwild. "Dabei überqueren sie oft Straßen."

In den vergangenen Tagen und Wochen häuften sich die Meldungen über Zusammenstöße mit Wildschweinen. Auf der A 44 bei Erwitte-Anröchte im Siegerland prallte zuletzt in der Nacht zu gestern ein Pkw-Fahrer mit seinem Wagen gegen die Schutzplanken, nachdem ihm ein Wildschwein vor das Auto gelaufen war. Anschließend fuhren zwei weitere Autos in die Unfallstelle. Dabei wurden zwei Fahrer verletzt. Und nur eine Stunde später wurden auf der gleichen Autobahn fünf Pkw in einen Unfall verwickelt, als eine Wildschweinrotte die Fahrbahn überquerte.

"Nach diesem Wochenende werden die Unfallzahlen erneut sprunghaft ansteigen", vermutet Reinwild. "Am Sonntag werden nämlich die Uhren umgestellt." Die Tiere seien vor allem in der Abenddämmerung auf der Suche nach Futter unterwegs. "Nach der Zeitumstellung ist der Berufsverkehr genau während dieser Stunde auf den Straßen unterwegs."

Nur selten gehen die Unfälle glimpflich aus, meist werden Personen verletzt oder die Fahrzeuge stark beschädigt. "Schon bei Tempo 50 prallt ein 80-Kilo-Keiler mit zwei Tonnen auf ein Fahrzeug. Das entspricht dem Gewicht eines ausgewachsenen Nashorns”, erklärte DJV-Präsident Jochen Borchert. Der Verband fordert deshalb eine detailliertere Unfallstatistik, die Wildunfälle ohne Personenschäden einzeln ausweist. "Dann können wir Unfallschwerpunkte erfassen und Präventivmaßnahmen ergreifen", sagt Reinwild. "Mit der richtigen Bepflanzung an den Straßen und Wildwarnanlagen kann man das Unfallrisiko senken."

Derweil versuchen die Kreisjägerschaften den Bestand unter Kontrolle zu bekommen. "Das ist gar nicht so einfach", erzählt Pieter Kreykamp von der Kreisjägerschaft in Viersen. Dort ist der die Zahl der Wildschweine innerhalb eines Jahres von 800 Tieren auf rund 2000 gestiegen. "Da Wildschweine nachtaktiv sind, sind sie nur schwer zu jagen." Waldspaziergänger würden die Rotten außerdem ins Dickicht vertreiben, so dass sie erst spät hervorkämen.

Mittlerweile sind die Tiere allerdings zutraulicher geworden: Immer öfter wagen sie sich in Wohngebiete vor und richten Schäden an, wie in der Parkanlage in Kaldenkirchen. "Die Tiere sind schlau", erklärt Reinwild. "Sie merken sich die Stellen, an denen sie Essbares finden." Man sollte sie deshalb nie füttern. Gefährlich seien Wildschweine aber nur, wenn sie verletzt sind oder sich bedrängt fühlen.

Marie-Therese Prien, die gleich neben Heinz Jürgen in der Siedlung am Kaldenkirchener Waldrand wohnt, hat trotzdem ein komisches Gefühl, wenn sie an die Wildschweine vor der Haustür denkt. "Hoffentlich kommen sie nicht noch näher an unsere Häuser", sagt sie. "Dann würde ich mir ernsthaft Sorgen machen."

(RP)
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