Altkanzler besuchte die Buchmesse Helmut Kohl schaut neidlos nach Oslo

Frankfurt (RPO). Alt-Kanzler Helmut Kohl nimmt es gelassen, dass er auch in diesem Jahr nicht den Friedensnobelpreis erhält. Er sei nicht enttäuscht, dass die Auszeichnung an den chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo geht, sagte der langjährige CDU-Vorsitzende am Freitag auf der Frankfurter Buchmesse. Auf die Frage, ob er im nächsten Jahr mit dem Erhalt des Friedensnobelpreises rechne, erwiderte Kohl: "Ich kann nicht in die Zukunft schauen."

Helmut Kohl bei der Einheitsfeier der CDU in Berlin
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Auf die Gesundheit von Altkanzler Helmut Kohl ist mehr Verlass als auf die Technik in Halle drei der Frankfurter Buchmesse. Der miesen Übertragungsqualität zum Trotz blickte der langjährige CDU-Vorsitzende am Freitag zur Markteinführung einiger Erinnerungsbände etwa 30 Minuten lang anekdotenhaft auf den Weg Deutschlands zur Einheit zurück - aber die Messebesucher verstanden fast kein Wort.

Und die Zuhörer, unter denen seine Verehrer überwogen, stellten Kohl hartnäckig die Frage des Tages: ob er enttäuscht sei, den Friedensnobelpreis auch dieses Jahr nicht erhalten zu haben.

Er habe mit dem Preis nicht gerechnet, sagte der 80 Jahre alte Christdemokrat und richtete sich dabei im Rollstuhl auf. Dem Mikrofon auf dem Tisch am Stand der Collection Rolf Heyne entfernte sich Kohl dabei gefährlich. "Ich bin nicht enttäuscht", sagte Kohl. Am Stand des Verlags nahm der 80-Jährige aus den Händen von Verlegerin Anja Heyne einen Bildband entgegen, der das Leben des Politikers in Fotografien dokumentiert.

Kohl sprach langsam und wäre bei einer ordentlichen Übertragung trotz seiner Probleme bei der Artikulation gut zu verstehen gewesen. Er verlas aus dem Bildband Teile des Vorworts und immerhin wären diese Passagen im Buch selbst nachzulesen.

Die meisten seiner Zuhörer schienen die Akustikpanne verschmerzen zu können, spitzten nicht so sehr die Ohren, sondern schauten durch die Linsen ihrer Handykameras. Und fast alle schlossen sich dem Altkanzler an, der ein Stockwerk höher bei Droemer Knaur zu einer weiteren Geschichtsstunde verabredet war.

Nur "ein Ausschuss des norwegischen Parlaments"

Gemeinsam mit dem stellvertretenden hessischen CDU-Vorsitzenden und früheren Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) stellte Kohl am Verlagsstand den Erinnerungsband "Die letzten Tage der Teilung" vor. Buchautor Jung versorgte seinen Parteifreund fleißig mit Stichworten.

Der Nachfragen des Publikums und vielleicht auch des ständigen Erinnerns müde, bekannte der gut gelaunte Altkanzler dann nur: "Wissen Sie was? Vieles von dem, was mancher Politiker damals sagte, ist mir heute völlig gleichgültig." Nicht ohne selbstbewusst hinzuzufügen: "Wir haben unser Ziel erreicht."

Und dann entschloss sich der Pfälzer doch noch zu einem Kommentar zur diesjährigen Friedensnobelpreis-Verleihung. Kohl gilt schon seit Jahren als ein Favorit für den Friedensnobelpreis. Ein norwegischer Fernsehsender hatte den Altkanzler am Donnerstag als einen Favoriten ins Spiel gebracht, das Preiskomitee sich aber am Freitag für den Chinesen Liu Xiaobo entschieden. Dieses Komitee, sagte Kohl, sei ein Ausschuss des norwegischen Parlaments. "Und meine Anhängerschaft ist dort oben ziemlich gering."

(apd/dapd)
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