Pferdefleisch-Lasagne an Bedürftige? CDU-Vorschlag stößt auf scharfe Kritik

Berlin · Hilfsorganisationen haben mit Empörung auf einen Vorschlag zur Weitergabe von falsch gekennzeichneten Tiefkühlgerichten mit Pferdefleisch an bedürftige Menschen reagiert.

Chronologie zum Pferdefleisch-Skandal in Europa
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Foto: dpa, Jens Büttner

"Der Vorschlag ist respektlos gegenüber Bedürftigen", sagte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, der "Bild"-Zeitung vom Freitag. Auch das Bundesministerium für Verbraucherschutz erklärte, es sehe die Weitergabe "sehr kritisch".

CDU-Entwicklungspolitiker Hartwig Fischer hatte vorgeschlagen, aus den Regalen genommene Produkte wie Lasagne oder Dosen-Gulasch von Hilfsorganisationen an Bedürftige weiterreichen zu lassen. Mit ihrer ablehnenden Haltung reagieren Hilfsorganisationen in Deutschland anders als in Frankreich. Dort hatten sich mehrere Organisationen bereit erklärt, die aus dem Handel gezogenen Produkte zu verteilen. Voraussetzung sei aber eine Garantie für die Unbedenklichkeit der Lebensmittel.

Der Sprecher der Bischofskonferenz betonte, "qualitative Mindeststandards muss jeder Bedürftige erhalten". Wer die Weitergabe falsch gekennzeichneter Lebensmittel aus dem Pferdefleisch-Skandal vorschlage, "kann nur Kopfschütteln auslösen. "

Auch Christian Bakemeier, Geschäftsführer der Konferenz für Kirchliche Bahnhofsmission, lehnte den Vorschlag ab: Es sei bedürftigen Menschen nicht zuzumuten, sich von nicht mehr verkäuflichen Lebensmitteln zu ernähren, sagte er der Zeitung. Es sei "zynisch und menschenunwürdig", die Armutsprobleme in Deutschland auch nur punktuell mit der Verteilung von Pferdefleisch-Lasagne lösen zu wollen.

Beim Hilfswerk Misereor wird befürchtet, dass das in den falsch beschrifteten Produkten enthaltene Pferdefleisch mit gefährlichen Medikamenten-Rückständen belastet sein könnte. Damit sei eine Weitergabe an Bedürftige nicht zu verantworten, sagte ein Sprecher der "Bild"-Zeitung. Im Zuge des Pferdefleisch-Skandals war befürchtet worden, verarbeitetes Pferdefleisch könnte auch Spuren des vermutlich für den Menschen gefährlichen Anti-Schmerzmittels Phenylbutazon enthalten.

Das Bundesverbraucherschutzministerium erklärte, es habe zur Weitergabe falsch gekennzeichneter Fertigprodukte durch Hilfsorganisationen "eine kritische Haltung". Die Rechtslage sei klar. Nur Lebensmittel von einwandfreier Qualität dürften verkauft oder verschenkt werden, erklärte ein Ministeriumssprecher. Auch müssten diese korrekt gekennzeichnet sein.

Linken-Verbraucherpolitikerin Karin Binder reagierte empört auf den Vorschlag von CDU-Politiker Fischer. Die CDU werfe "Bedürftigen die Brocken hin, die sonst keiner will". So schiebe die Partei "das Problem der Lebensmittelverschwendung den Armen zu, anstatt selbst eine würdige Sozialpolitik zu machen", erklärte Binder.

Auch in Frankreich war die Weitergabe von falsch deklarierten Produkten - ähnlich wie in Deutschland - teils mit Skepsis gesehen worden. Das Rote Kreuz hatte dort die Weitergabe der aus dem Verkehr gezogenen Tiefkühlgerichte ausgeschlossen und auf die Menschenwürde verwiesen "Wenn man nicht genug zu essen hat, bedeutet dies nicht, dass man isst, was andere nicht wollen", sagte ein Sprecher.

(AFP/nbe)
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