Pferdemetzgerei aus Mönchengladbach Seit 35 Jahren wird hier Pferdefleisch verkauft

Mönchengladbach · Der Skandal um nicht-deklariertes Pferdefleisch in Lebensmitteln ist auch Thema an den Fleischertheken in Mönchengladbach. In der Pferdemetzgerei Janßen ärgert man sich über das Schlechtreden des Fleisches, das eigentlich sehr gesund ist.

 Frikadellen, Wurstwaren und Braten: Seit 35 Jahren verkauft Renate Janßen in der Metzgerei an der Neusser Straße Spezialitäten aus Pferdefleisch.

Frikadellen, Wurstwaren und Braten: Seit 35 Jahren verkauft Renate Janßen in der Metzgerei an der Neusser Straße Spezialitäten aus Pferdefleisch.

Foto: Ilgner

Sie sind schnell zubereitet und einfach praktisch: so begründet sich für viele Verbraucher der Griff nach Produkten wie Tiefkühl-Lasagne oder Dosenravioli. Doch der Kauf eben dieser Fertiggerichte fällt seit dem Nachweis von nicht deklariertem Pferdefleisch schwer.

Der Lürriper Fleischermeister Gerrit Janßen hat sich vor 35 Jahren auf die Verarbeitung von Pferdefleisch spezialisiert und verkauft in seiner Metzgerei an der Neusser Straße Braten-, Filet oder Gulasch vom Pferd. Die Auswirkungen des Pferdefleisch-Skandals bekommt die Familie in zweierlei Hinsicht zu spüren: es gab in der vergangenen Woche zum einen Neukunden, die das Fleisch einmal probieren wollten, aber auch vermehrt Nachfragen der Stammkunden zur Herkunft des Fleischs. "Unser Fleisch stammt von Tieren aus der unmittelbaren Umgebung, die zum Beispiel für das Reiten nicht mehr eingesetzt werden können", erklärt Renate Janßen, die den Betrieb mit ihrem Mann Gerrit und ihrer Tochter Tanja führt. Erst nach mehrmaliger Beschau durch den Tierarzt vor und nach dem Schlachten werde das Fleisch schließlich verarbeitet.

Am laufenden Skandal ärgert sie neben dem Betrug am Verbraucher auch das Schlechtreden des Fleischs. Dabei gilt es vor allem im Rheinland als Delikatesse und ist — vorausgesetzt es wurde korrekt produziert — ein ganz normales Lebensmittel.
"Wenn man es denn essen möchte, ist Pferdefleisch eine der gesündesten Fleischarten", sagt Janßen. Es enthalte kein Cholesterin, wenig Fett und viel Eiweiß und sei vor allem bei Allergikern beliebt. "Nur weil sich Händler anderswo die Taschen vollmachen, indem sie Pferdefleisch als — im Einkauf teureres — Rindfleisch verkaufen, heißt das nicht, das Pferdefleisch ein ungenießbarer Artikel ist", betont sie.
Gemeinsam mit den Verbraucherschützern fordert die Mönchengladbacherin deshalb verstärkte Kontrollen von Lebensmittelherstellern und -handel. "Bislang besteht die Meldepflicht der Unternehmen nur im Falle gesundheitlicher Risiken. Eine Meldepflicht auch bei Täuschungsversuchen wäre wünschenswert", sagt Margarete Besemann von der Verbraucherzentrale NRW, Abteilung Lebensmittel und Ernährung.

Herbert Krapohl, Geschäftsführer der Fleischer-Innung Mönchengladbach, wirbt im Zusammenhang mit dem Pferdefleisch-Skandal für den Gang zum Fachbetrieb. "Wenn die Verbraucher an der Tiefkühltheke im Supermarkt stehen, sind sie hilflos. Herkunft und Zusammensetzung der Gerichte kann der Verbraucher nicht erkennen. An der Theke des Fleischereifachgeschäfts ist ein Ansprechpartner vor Ort und die Herkunft der Tiere nachvollziehbar." Von Seiten der Fleischer-Innung wünscht sich Krapohl ein dauerhaftes Umdenken der Konsumenten: "Leider ziehen die Verbraucher nie die nötigen Konsequenzen aus solchen Skandalen", sagt er.

Sogar Verluste im Fleischgeschäft seien daher denkbar, denn das Fleischerhandwerk leide bei Lebensmittelskandalen meist darunter, dass die Verbraucher eine Zeit lang gar kein Fleisch mehr essen würden.

Eine Erfahrung, die Renate Janßen in umgekehrter Form während des BSE-Skandals gemacht hat. "Damals sind viele Gladbacher auf Pferdefleisch ausgewichen, die Kunden standen Schlange", erzählt sie. Mit Abnahme des Skandals habe dann aber auch der Kundenansturm abgenommen. Ein Ausweichen ihrer Kunden auf vegetarische Alternativen oder andere Fleischsorten befürchtet sie aber nicht.

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