Stadt Willich Eine Art Enteignung ohne Entschädigung

Stadt Willich · Die geplante Neufestsetzung von Überschwemmungsgebieten an der Niers stößt auf Unverständnis und bereitet Sorgen. Zu einer Info-Veranstaltung luden jetzt die Kreisbauernschaft und die Landwirtschaftskammer ein.

 Auch in Viersen kommt es im Bereich der Niers immer wieder zu Hochwasser. Die neuen Überschwemmungsgebiete basieren auf den Untersuchungen eines Ingenieurbüros.

Auch in Viersen kommt es im Bereich der Niers immer wieder zu Hochwasser. Die neuen Überschwemmungsgebiete basieren auf den Untersuchungen eines Ingenieurbüros.

Foto: Busch

Dass das Thema der geplanten Neufestsetzung von Überschwemmungsgebieten in den Regionen, die die Niers und ihre Nebenflüsse durchqueren, von immenser Bedeutung ist, spiegelte sich beim Informationsabend in der Aula der Kreisstelle Viersen der Landwirtschaftskammer NRW wider. Der Raum platzte aus allen Nähten, wobei nicht nur Landwirte zu den Besuchern zählten, sondern auch Bürger, die entlang der Niers wohnen. "Es ist das größte Überschwemmungsgebiet, mit dem wir es zu tun haben, wobei keine Vernässung gemeint ist, sondern lediglich Flächen, die im Falle eines Jahrhundert-Hochwassers überflutet werden würden", informierte Michael Rütten von der Bezirksstelle für Agrarstruktur Düsseldorf/Ruhrgebiet.

Dabei handelt es sich um eine EU-Verordnung, bei der die Bezirksregierung Düsseldorf die Hochwasserrisikogebiete ausweisen muss. Die neuen Überschwemmungsgebiete basieren dabei auf den Untersuchungen eines Ingenieurbüros. Topographische Karten, eine Gewässervermessung, Pegeldaten, eine Geländemodell und meteorologische Daten dienten unter anderem als Parameter für die neue Festsetzung der Gebiete, wobei die Niers seit 2004 ein gültiges Überschwemmungsgebiet hat. Die neu ausgewiesenen Flächen unterscheiden sich allerdings stark vom alten Gebiet. Einer der Besucher warf den Verantwortlichen vor, dass die aktuellen Untersuchungen auf falschen Basisdaten beruhen würden.

Fakt ist, dass in den betreffenden Gebieten unter anderem eine Ausweisung von neuen Baugebieten untersagt ist, was auch für die Entwicklung und Erweiterung von bestehenden baulichen Anlagen gilt. Die Ablagerung von Gegenständen auf den Flächen, hier sind besondere die Siloballen der Landwirte anzusprechen, ist ebenfalls zu unterbinden. Erhöhungen und Vertiefungen der Erdoberfläche sind verboten und die Umwandlung von Grün- in Ackerland ist ebenfalls nicht möglich. Eine der größten Sorge der Landwirte ist es dabei, keine Genehmigungen mehr für Erweiterungen zu erhalten. "Die Problematik sehe ich darin, wenn ich meinen Betrieb weiterentwickeln möchte und zu 100 Prozent in der Überflutungszone liege. Die eigene Entwicklung wird durch die Verordnung eingeengt und was mache ich, wenn ich am Standort keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr habe?", stellte Rainer Hagmans, der Viehzucht betreibt, als Frage in den Raum. "Im Prinzip ist es eine Enteignung, ohne dass dafür gezahlt wird. Wenn eine Straße über mein Land gebaut wird, läuft ein Vergleichsverfahren, das heißt, ich bekomme eine Ausgleichsumme. Hier hingegen wird über mein Land bestimmt und ich bekomme nichts dafür", empörte sich Hubert Küpper, der einen Acker- und Gemüseanbaubetrieb führt.

Fragen, ob bestehende Güllekeller, Öltanks oder Betriebstankstellen mit Ausweisung der neuen Überschwemmungsgebiete speziell gesichert werden müssten, machten ebenso die Runde wie Fragen, was in Sachen Neubauten aber auch bei Schäden am Bestand passieren würde. "Die Entwicklung der Betriebe geht weiter", beruhigte Ulrich Horstmann, Kreisgeschäftsführer der Kreisbauernschaft Krefeld-Viersen. Er verglich die Lage von landwirtschaftlichen Betrieben, die in Landschaftsschutzgebieten liegen mit denen, die eventuell zukünftig in Überschwemmungsgebieten liegen würden. Auch dort gibt es, trotz entsprechender Auflagen, immer Ausnahmen. "Bei einem Bauantrag wendet sich der Landwirt ganz normal an das Bauamt, das dann wiederum mit der Unteren Wasser- und der Unteren Landschaftsbehörde Kontakt aufnimmt. Hier wird geprüft und entschieden. Bei einem Verbot kommt es zu einer Anhörung, bei der ein Landwirt die Möglichkeit hat, Bedenken auszuräumen. Und bei einer Ablehnung steht immer noch der Gang zum Verwaltungsgericht offen", betonte Horstmann.

Zudem verwies er auf den Bestandsschutz der bestehenden Anlagen, wo auch keine Nachbesserungen betreffend Güllekeller und Co gemacht werden müssten, wenn diese bislang über eine entsprechende Genehmigung verfügten. Nichtsdestotrotz blieb die Stimmung gedrückt und sorgenvolle Gesichter machten die Runde.

(RP)
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