Willich Ein Mann der Kompromisse

Willich · Die Ära von Albert Schwarz endet mit dem 20. Oktober. Zehn Jahre hat der 64-Jährige als erster hauptamtlicher Bürgermeister die Geschicke der Stadt Tönisvorst geleitet. Über seine Erfahrungen, seine Erfolge, seine Flops und seine Zukunft sprach er mit der RP.

Von Hause aus sind Sie eigentlich gelernter Lehrer. War es für Sie eine große Umstellung, als Sie vor zehn Jahren von der Kempener Realschule ins St. Töniser Rathaus wechselten?

Schwarz Ja, das war schon ein großer Unterschied. In der Schule müssen die Schüler das umsetzen, was man von ihnen verlangt. In der Verwaltung und in der Politik wird erst einmal diskutiert. Und Tönisvorst ist bekannt dafür, dass hier viel diskutiert wird, zu viel.

Bereuen Sie den Berufswechsel?

Schwarz Nein. Es ist eine Fortsetzung der Jugendarbeit wie bei Lehrern und Schülern. Es geht letztlich immer um den Menschen.

Als Sie das Amt vor zehn Jahren antraten, war die Lage innerhalb der Verwaltung, was das zwischenmenschliche Miteinander angeht, etwas schwierig. Erinnern Sie sich noch daran?

Schwarz Da wurden noch Mitteilungen diktiert und dann von einem zum anderen Büro hin und hergetragen. Als die Wahl dann entschieden war, wurde nicht mehr diktiert. Man geht aufeinander zu, klopft an und spricht miteinander. Wer was hat, der soll zu mir kommen, manchmal geht das auch ohne Einhaltung des Dienstwegs. Das haben auch die Mitarbeiter bald verstanden.

Kommt Ihnen die Ausbildung zum Lehrer zugute, wenn es um den Umgang mit Menschen geht?

Schwarz Als Lehrer für Haupt- und Grundschule habe ich vier Semester Psychologie gehabt. Diese Zeit möchte ich nicht missen, da habe ich viele Dinge gelernt.

Gibt es im Verlauf Ihrer Amtszeit ein Ereignis, ein Beschluss, den Sie als Höhepunkt bezeichnen würden?

Schwarz Ich bin stolz, gemeinsam mit den Bürgern das Krankenhaus erhalten zu haben. Ich erinnere mich noch an die Bürgerversammlung in der Rosentalhalle, als 2000 bis 3000 Bürger für den Erhalt des Hospitals kämpften. Da haben die Vertreter der Bezirksregierung, die das Haus einfach nur schließen wollten, keine gute Figur gemacht. Alle gemeinsam, Bürger, Verwaltung und Politik haben sich erfolgreich gewehrt. Ohnehin lautet meine Maxime: Allein ist man nichts, man kann nur gemeinsam was erreichen.

Wo liegen denn die Schwächen in Tönisvorst?

Schwarz In Tönisvorst wird viel zerredet, vertagt, verschoben. Es dauert oft sehr lange, bis etwas auf den Weg gebracht wird. Beispiel: St. Töniser Innenstadtentwicklung mit dem Vollsortimenter und der Grundschule. Wenn dann einmal ein Beschluss gefallen ist, denkt man häufig: Das hätten wir auch schon viel früher haben können.

Gibt es auch ein Ereignis oder eine Entscheidung, die Sie als Flop bezeichnen würden?

Schwarz Flop würde ich nicht sagen. Aber bei der Schließung der Grundschule Kirchplatz blutete mein Lehrerherz. Ich habe immer gesagt: Schulen schließt man nicht. Der demografische Wandel machte diese Schließung allerdings erforderlich, und er wird auch weiter bei der Entwicklung der Stadt eine Rolle spielen.

Was war Ihnen bei der Arbeit besonders wichtig?

Schwarz Das ist das menschliche Miteinander — sowohl in der Verwaltung als auch mit dem Bürger. Häufig sehen sich die Bürger als Bittsteller, wenn sie zur Verwaltung kommen. So ist es aber nicht. Wir sind Dienstleister und gemeinsam im Gespräch mit dem Bürger müssen Lösungen gesucht werden. Das ist zeitintensiver als ein Begehren einfach abzulehnen, aber es lohnt sich. Ich bin immer bemüht, einen Kompromiss zu finden. Mir wurde schon einmal geraten, an einer Ausschussitzung nicht teilzunehmen, weil die Verwaltung keinen Kompromiss, sondern ihre Ansicht vehementer vertreten wollte. Der frühere Chefplaner Hansjürgen Lindner hat immer gesagt: Wenn ich will, das etwas geht, dann finden sich auch eine Lösung. Ich hoffe, mein Nachfolger sieht das auch so.

Das Gespräch führte RP-Redakteurin Thea Elbertz

(RP)
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