Sommerinterview Mit Torsten Frick, Vorsitzender Der Fdp-Fraktion Tönisvorst braucht eine Zukunftsvision

Willich · Frick hofft, dass der Rat zu einer sachlichen Zusammenarbeit zurückkehrt. Themen sollten ohne Ideologie diskutiert werden.

 Torsten Frick ist Vorsitzender der FDP-Fraktion im Tönisvorster Stadtrat.

Torsten Frick ist Vorsitzender der FDP-Fraktion im Tönisvorster Stadtrat.

Foto: ACHIM HÜSKES

TÖNISVORST Von Sommerpause ist keine Spur. Gerade kommt Marcus Thienenkamp, Vorsitzender der FDP Tönisvorst, in Fricks Versicherungsagentur vorbei und bringt Plakate. Es ist Wahlkampfzeit, alles dreht sich um die Bundestagswahl am 24. September. Mit dem Spitzenkandidaten Christian Lindner ist Frick hoch zufrieden. "Im persönlichen Gespräch ist Lindner genauso wie er in den Medien rüberkommt." Die Mitgliederbefragung für die NRW-Koalition war für Frick eine bisher unbekannte Transparenz.

Auf der anderen Seite hofft Frick, dass sich nach dem Wahlkampf die politische Stimmungslage auch vor Ort wieder beruhige und man zur Sacharbeit zurückkehren könne. So sieht er die Angriffe des SPD-Fraktionsvorsitzenden Dr. Michael Horst auf Bürgermeister Thomas Goßen auch dem Wahlkampf geschuldet. Bei den großen Fraktionen schienen die Ideologien mehr durch.

Die politische Arbeit in Tönisvorst ist für Torsten Frick nicht einfacher geworden. Es gebe keine stabile Mehrheiten, dafür eine schwierige, diffuse Gemengelage - und jede Menge Baustellen. Die CDU-Fraktion habe an ihrer Spitze einen Generationenwechsel vollzogen. Zwar gebe es in der Fraktion zwei Lager, aber die neue Fraktionsspitze mache für ihn einen "vernünftigen Job". Der Arbeitskreis Budgetierung sei etwas Neues gewesen, das war "ok". Dass die SPD nicht teilnehme und dann kritisiere, sei nicht seine Vorstellung von Politik. Die Entscheidung, die Sekundarschule in eine Gesamtschule umzuwandeln, ist für Frick "absolut richtig und korrekt". Warum habe man in Tönisvorst überhaupt eine Sekundarschule gegründet? Weil das Land für diese Schulform vieles versprochen - später aber nicht mehr eingehalten habe. Bei vielen Themen im Stadtrat versuchten sich einige Kollegen, über Maß zu profilieren. Ihm komme es immer auf die Sache an. Aber die FDP habe im Stadtrat nur zwei Stimmen. Da müsse man sich auch nicht so wichtig nehmen.

Für den Herbst wünscht sich Torsten Frick eine Rückkehr zu einer sachlichen Diskussion. Die Frage, will man in Tönisvorst einen zentralen Verwaltungsbau neu bauen, müsse ergebnisoffen diskutiert werden. Was sei wirtschaftlich tragbar? Dabei müsse die politische Diskussion fair bleiben. Wenn die FDP die Frage stellt, ob die Stadtbücherei in Zeiten von Internet in ihrer jetzigen Form noch zeitgemäß sei, empfindet es Frick als unanständig, wenn ihm entgegenschalle, die FDP wolle die Bildung abschaffen. Ebenso beim Einzelhandelskonzept. Wenn die FDP sich für die wirtschaftliche Vernunft und gegen eine häusergenaue Festschreibung von Zonen für den Einzelhandel ausspreche, habe der Werbering eine Anti-Stimmung erzeugt. Solcher Aktionismus sei nicht zielführend. Man müsse immer das große Ganze abwägen.

Dass Linke und AfD in Tönisvorst kaum eine Rolle spielen, liegt für Frick an einem intakten sozialen Gefüge im Tönisvorst. Angst vor Flüchtlingen und Fremdenhass seien ihm fremd. Niemand wolle mit den Flüchtlingen, die Unsägliches erlebt haben, tauschen. Stimmung gegen diese Menschen zu machen, empfindet Torsten Frick als abstoßend.

Zur Situation des städtischen Haushaltes merkt Frick an, dass er froh über eine Kämmerin wie Nicole Waßen sei. Aber: Wenn man so weitermache wie bisher, seien die Rücklagen irgendwann aufgebraucht. Und Kassenkredite (so eine Art Dispo für Kommunen) seien auch Schulden. Da 2020 Kommunalwahlen anstehen, rechnet Frick für 2018 mit einer Erhöhung der Gewerbe- und Grundsteuern. Doch schon jetzt seien die Steuersätze die höchsten in der Umgebung. Ein Wettbewerb um Neuansiedlungen sei so nicht möglich. Ist ein Fonds für die eigene Stadt ein gangbarer Weg? An die Adresse des gesamten Stadtrates gewandt, sagt Frick, dass vieles verschlafen wurde. Die Stadt Kempen etwa habe ein rasantes Wachstum an den Tag gelegt. In einer konjunkturellen Lage wie heute müsse mehr investiert werden, beim Vorratskauf von Grundstücken müsse mehr passieren.

Überhaupt: Torsten Frick fehlen in der kommunalen Agenda die Visionen für die Zukunft. Was will man entwickeln? Soll Tönisvorst eine Familienstadt werden, soll es rein altengerecht ausgebaut werden? Da sei nicht richtig klar. Aufgabe der Politik sei es, Impulse zu geben. Änderungswünsche umzusetzen, das funktioniere aber nur mit einer Verwaltung, die ähnlich tickt. Jetzt müssten neue Rücklagen aufgebaut werden. Man könne nicht in den Tag hineinleben und abarbeiten, was gerade anfalle. "Das ist nicht meins."

Wenn es in Tönisvorst an Ideen für die Zukunft mangelt, heiße das nicht, dass man in der Politik jede Woche mit einer neuen Idee um die Ecke kommen müsse. Aber viele Bürger wüssten umgekehrt auch nicht, wie ein Projekt oder ein Thema politisch angestoßen wird. Hier wünscht er sich eine bessere Kommunikation zwischen den Menschen vor Ort und den Parteien. Und sei es über die sozialen Medien wie Facebook. Nur "Twittern" will Torsten Frick auch weiterhin keinesfalls.

(RP)
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