Wesel Feingold für die Fassade

Wesel · Wieder ein Fest auf dem Markt: Die Rekonstruktion des Historischen Rathauses bekommt heute zur Bekrönung ihre Wetterfahnen. Nach Kunstschmied Bernd Buschmann legte Goldschmied Udo Goertz Hand an. Die RP sah zu.

 Politur mit feinsten Pinseln: Udo Goertz sorgt nach dem Vergolden der Kugel, die heute auf dem Großen Markt ihren ersten großen Auftritt hat, für den richtigen Glanz.

Politur mit feinsten Pinseln: Udo Goertz sorgt nach dem Vergolden der Kugel, die heute auf dem Großen Markt ihren ersten großen Auftritt hat, für den richtigen Glanz.

Foto: jürgen bosmann

Ob Maurer oder Steinmetz, Schreiner oder Schmied, Glasbläser oder Zimmermann: Alle Handwerker, die bislang an der Rekonstruktion der historischen Rathaus-Fassade beteiligt waren, haben sich bemüht, traditionelle Techniken anzuwenden. Das gilt auch für Udo Goertz. In der Werkstatt des Weseler Goldschmieds waren gerade die glänzendsten Teile des Kleinods in Arbeit.

Goertz hat die Kugel, die Jahreszahl 1698 und weitere Kleinteile der barocken Wetterfahne vergoldet, die in der Kunstschmiede von Bernd Buschmann entstanden war (RP berichtete). Heute werden sie neben der zweiten, gotischen Wetterfahne bei der Bekrönung im Mittelpunkt stehen.

Nach Trocknen muss es quietschen

Goertz kennt sich aus, hat unter anderem die Wetterfahne für St. Antonius vergoldet. Dennoch ist der Fassaden-Auftrag was Besonderes für ihn und seinen Vater Günter, der als Maler und Anstreicher ebenfalls Erfahrung auf dem Gebiet mitbringt. Auch in der Autolackiererei von Paul Lamparski sorgten die Teile nach dem Bad in der Verzinkerei Duisburg für Aufsehen.

Jeder, so Udo Goertz, steuerte dort Ideen bei, um den besten Untergrund für den Vergolder zu schaffen. Der wiederum griff zu kaum noch erhältlichen Mitteln. Zum Beispiel zu einem bleihaltigen Anlegeöl. Das musste zwölf Stunden trocknen und dann ein typisches Quietschen ertönen lassen, wenn man mit der Fingerkuppe drüberstreicht. Goertz spricht von Alchemie und einer "gewissen Mystik". Dabei glänzen seine Augen mit den vergoldeten Stücken um die Wette.

Hauchdünn und reinster Qualität

Hauchdünn ist das Blattgold. Und von reinster Qualität. 23,75 Karat bedeuten quasi Feingold. 1,4 Quadratmeter hat Udo Goertz allein für die große Kugel gebraucht, die den Fuß der barocken Wetterfahne bildet. Rundum und nicht nur an den Sichtseiten vergoldet sind auch die Jahreszahl 1698, die an den Rathaus-Umbau in barocker Zeit erinnert, und die anderen Kleinteile. Bei der Politur kommen allerfeinste Pinsel zum Einsatz. Dazu gehört auch eine Hasenpfote, die Goertz einmal von einer Auszubildenden geschenkt bekommen hatte. Gut 40 Jahre soll die Vergoldung nun halten.

"Ich habe versucht, alle erworbenen Kenntnisse bei dieser Arbeit unterzubringen", sagt der Goldschmied, der seit 1994 auch Mitglied der Bürgerinitiative Historisches Rathaus ist und seinerzeit die Krawattennadel mit dem Fassaden-Motiv geschaffen hatte. Das ist lang her, nun wird der Traum von der Rekonstruktion des spätgotischen Wahrzeichens Wirklichkeit.

(RP/rl)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort