Solingen Solinger Panoramen - eine Zeitreise

Solingen · Peter Holtfreter zeigt Panoramafotografien von 1982 und 2016 in der ehemaligen Dampfschleiferei Loosen Maschinn.

In der reizvollen Treppenhausgalerie der Loosen Maschinn in Widdert, einer Außenstelle des Rheinischen Industriemuseums, kann man im morbiden Charme historischer Industriekultur ein lebendiges Stück Stadtgeschichte entdecken. Es wird präsentiert von Fotokünstler Peter Holtfreter, der den Betrachter das Sehen lehrt. Die Ausstellung, in Kooperation mit dem Solinger Fotoforum, dem Förderverein Industriemuseum und dem Stadtarchiv Solingen, zeigt Farbfotografien, die im zeitlichen Abstand von rund 30 Jahren entstanden sind. Ralf Rogge vom Stadtarchiv betont: "Angelehnt an die Tradition der Stadtansichten aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert dokumentieren die Arbeiten das Stadtbild Solingens im Wandel der Zeiten."

Dabei begann alles in den 80iger Jahren eher improvisiert. Das Stadtarchiv beauftragte den Fotografen Holtfreter, mit einer Panorama Kamera, die im Stadtarchiv keiner zu handhaben wusste, Stadtmotive zu dokumentieren. Zwischen 1982 und 84 fotografierte er 187 Motive, quer durch das gesamte Stadtgebiet, auf Farbdiapositivfilm. Einige Ergebnisse wurden damals der Öffentlichkeit gezeigt und verschwanden danach in den Archiven der Stadt.

"2016 hatte ich die Idee, dieses Projekt erneut anzugehen, um im direkten Bildvergleich zu untersuchen, was sich im Laufe einer Generation in städtebaulicher oder architektonischer Hinsicht und im Hinblick auf gesellschaftliche und individuelle Gestaltungsvorlieben vollzogen hat," erläutert Peter Holtfreter. "Natürlich mussten es wieder Panoramafotos sein. Aber da ich künstlerisch an Zeit und Bewegung interessiert bin, nutzte ich jetzt eine moderne Digitalkamera mit Panorama - Funktion."

Der Fotograf suchte die gleichen Orte auf wie vor 30 Jahren, wählte möglichst den gleichen Standort und die gleiche Perspektive für seine aktuellen Aufnahmen. Interessant ist, dass Holtfreter ganz bewusst auf die typischen Postkartenmotive verzichtet hat. "Das Einfachste ist genauso wichtig wie das Größte", zitiert Holtfreter seinen Architekturprofessor Karl Wimmenauer an der Düsseldorfer Kunstakademie. In der Architektenklasse hatte Holtfreter, der Film und Fotografie studierte, sein Studium als Meisterschüler abgeschlossen. Sein intensiver Bezug zu Architektur und Baugeschichte entstammt dieser Phase seiner künstlerischen Ausbildung.

Peter Holtfreter geht es auch um den subtilen Wandel in der fotografischen Ästhetik. Wie sich die Bildauffassung von der analogen Technik zu den digitalen Verfahren verändert hat, wird in jedem Bildpaar offensichtlich. Die analogen Panoramen sind feststehende Aufnahmen, mit Stativ realisiert, noch vignettenhaft am Rand abgedunkelt, da eine nachträgliche Bildbearbeitung nur begrenzt im Entwicklerbad möglich war. In den digitalen Bildergebnissen erkennt der aufmerksame Betrachter dagegen die Pixelstruktur. Durch die manuelle Bewegung der Kamera, die erst das Panoramabild erzeugt, entstehen oft winzige Artefakte, fraktale Strukturen, verwischte Teile. "Genau diesen Prozess der Technik will ich zeigen", erklärt der Fotograf, "deshalb verwende ich lieber ein älteres digitales Kameramodell."

Das Konzept dieser Gegenüberstellung historischer und aktueller Stadtpanoramen im Zusammenhang mit den jeweils verwendeten Aufnahmetechniken vereint Kunst und Dokumentation. Es lädt den Besucher ein zu einer interessanten Zeitreise durch Solingen.

(RP)
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