Baby in Solingen Augen verätzt Linus: Rezept wurde manipuliert

Solingen · Durch 1000-fach zu hoch dosierte Augentropfen in einem Wuppertaler Krankenhaus erlitt Frühchen Linus aus Solingen schwere Verätzungen an den Augen, nun hat die Polizei ihre vorläufigen Ermittlungen abgeschlossen.

 Die Eltern kämpfen weiter, damit sich die Sehkraft ihres kleinen Linus auf Dauer verbessert.

Die Eltern kämpfen weiter, damit sich die Sehkraft ihres kleinen Linus auf Dauer verbessert.

Foto: Mak (Archiv)

"Das Telefax mit der Rezeptbestellung ist im Nachhinein manipuliert worden", erklärt Oberstaatsanwalt Wolf Tilman Baumert, das hätten die kriminaltechnischen Untersuchungen einwandfrei ergeben.

Es wird deswegen nicht nur wegen fahrlässiger Körperverletzung, sondern auch wegen Urkundenfälschung ermittelt. Zunächst werde den Rechtsanwälten nun Akteneinsicht gewährt, "danach wird sich herausstellen, ob Anklage erhoben wird", so Baumert.

Nach Angaben des Oberstaatsanwaltes habe die Augenärztin der Wuppertaler Klinik das Rezept für die Augentropfen korrekt ausgestellt und per Telefax weitergeleitet. Hier war für das Medikament noch die Angabe Milligramm zu lesen. Ein Oberarzt gab das Rezept per Email an die Zentralapotheke weiter, allerdings nicht mit der Angabe Milligramm, sondern Gramm.

"Also 1000-fach überdosiert", so Wolf Tilman Baumert. Es deute vieles darauf hin, dass der Oberarzt das "m" für Milli im Nachhinein vom Ursprungsrezept entfernt habe. Er wäre der Nutznießer dieser Urkundenfälschung, die Klinik dagegen hätte dafür kein Motiv. In der Apotheke schließlich sei das Rezept mit der weitergeleiteten falschen Mengenangabe nicht auf Schlüssigkeit hin überprüft worden. Ohne Nachfrage seien die Augentropfen zusammengestellt worden.

Kette von Fehlern

Die Kette der Fehler setzte sich fort, als die Augentropfen in der Wuppertaler St. Anna-Klinik mit Gramm-Kennzeichnung eintrafen und verabreicht worden waren. Auch hier hätte zuvor eine Überprüfung stattfinden müssen. "Die hätten wissen müssen, dass die Dosierung viel zu hoch war", so Wolf Tilman Baumert.

Die Wuppertaler Klinik betonte gestern, man habe von Anfang an alles getan, um zur Aufklärung des Falls beizutragen. Der Oberarzt sei weiter im Dienst, auch für ihn gelte zunächst die Unschuldsvermutung, erklärte Martin Mackenberg-Hübner, Sprecher des Klinikverbundes St. Antonius/St. Josef, zu der auch die St. Anna-Klinik gehört.

Kommt der Fall vor Gericht, ist eine Geld- und eine Haftstrafe bis zu fünf Jahren für Urkundenfälschung möglich, für die gefährliche Körperverletzung könnten bis zu drei Jahren Haft ausgesprochen werden. "Das entscheidet aber das Gericht", erklärt der Oberstaatsanwalt.

Frühchen Linus war am 11. Januar zur Welt gekommen. Im Brutkasten entwickelte sich der Junge gut. Doch nach vier Wochen passierte dann etwas bis heute Unbegreifliches: Linus erhielt Augentropfen zur Pupillenerweiterung, damit Ärzte den Augenhintergrund untersuchen konnten. Diese Tropfen enthielten den Konservierungsstoff Benzalkoniumchlorid — die Dosis verätzte dem Baby die Augen.

Seine Eltern und auch der Großvater zogen später einen Spezialisten aus Köln hinzu, der die Behandlung in die Hand nahm. Bislang ist Linus noch auf einem Auge blind.

(RP/rl/top/url)
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