Neuss Schockierende Performances

Neuss · In der Alten Post trafen sich namhafte Künstler zum ersten deutsch-polnischen Performance Festival. Sie zeigten: Diese Kunstform lebt von der Überraschung, manchmal von Provokation. Nicht einfach, aber spannend.

 Provokant: Matthias Pick wälzte sich bei seinem Auftritt in verschütteter Milch und verletzte sich bis aufs Theaterblut.

Provokant: Matthias Pick wälzte sich bei seinem Auftritt in verschütteter Milch und verletzte sich bis aufs Theaterblut.

Foto: HORN

Wenn es mit der Kunst doch immer so einfach wäre! Man trifft sich — wie früher — zum Tagesausklang an der Teppichklopfstange hinterm Haus, unterhält sich, beobachtet, hört einander zu und lernt so, spielerisch seinen Gegenüber kennen. Die Klopfstange, polnisch "Klopsztanga", ist darum wohl auch das (Völker)verbindende Logo für deutsche und polnische Performance-Künstler — am Wochenende stand diese Stange im Forum Alte Post.

Im Rahmen der Kultursaison "Polen grenzenlos NRW 2012" ist Neuss einer der 20 Aufführungsorte. Eingeladen waren Artur Grabowski, Danka Milewska, Antoni Karwowski und Janusz Baldyga aus Polen sowie Katharina Kastl, Inge Broska, Stefanie Trojan, Hans Joerg Tauchert und Matthias Pick aus der deutschen Performance-Szene.

Laut Definition ist die Performance eine situations- oder handlungsbetonte und vergängliche Kunstdarbietung — soweit die Theorie. Denn für den Betrachter bedeutet Performance auch Unvorhersehbarkeit, permanente Überraschungsmomente, manchmal schockierend bis hin zur Provokation.

Wenn sich Matthias Pick auf einem Podium in verschütteter Milch wälzt, anschließend seine nassen Kleidung in Gläser auswringt, sich selbst bis aufs Theaterblut verletzt, um dann diesen rosafarbenen Cocktail zu trinken, verlangt es vom Publikum mehr als nur Kunstinteresse. Das ist — anders als bei "herkömmlichen" Darbietungen — Kopfkino, es verlangt schon während des Vortrages ein Hinterfragen des gerade Erlebten.

Was will mir der Künstler damit sagen? Dieser oftmals ins Komische gezogene Satz wird seriös. "Ich kann nicht rundum zufrieden sein, weil Organisator Klaus Richter es auch nicht ist", sagt Kurator Johannes Deimling. Bei all der mühevollen Vorbereitung habe diese Veranstaltung einfach ein größeres Publikum verdient.

Doch da die Performance immer schon eine Randgruppe der Kunst darstelle, sei die Truppe nicht wirklich überrascht. "Von künstlerischer Seite her bin ich jedoch glücklich, eine so breite Palette an kreativer Verschiedenheit präsentieren zu können".

Janusz Baldyga, der sich selbst eher als erschaffene Figur verstanden sehen will und Inge Broska mit Hans Joerg Tauchert, im Vergleich unspektakulär mit rezitierendem Wortbeitrag, stellen diese Vielfalt eindrucksvoll dar. Und spannender — von wegen einfach — kann Kunst kaum sein.

(NGZ/rl)
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