Moers Nichten fordern Höchststrafe

Moers · Gestern ging der Prozess um den "Pappelsee-Mord" weiter. Ein halbes Jahr nach der Bluttat kommen immer noch Menschen zum "Gedenkbaum" an Klaus B. am Tatort. Verändert hat sich Kamp-Lintfort jedoch nicht.

Obdachlosenmord: 500 Menschen gedenken dem Opfer
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Foto: Klaus Dieker

Die Pappeln werden gerade gerodet. Einige Bäume sind schon vor Tagen gefallen. Der Platz wirkt jetzt viel heller, einsehbarer. In der Nacht vom 23. auf den 24. Mai, da konnte man von außen kaum auf dem Parkplatz am Pappelsee schauen. Niemand bemerkte, wie vier Jugendliche den 51-jährigen Klaus B. drangsalierten und schlugen, keiner bekam mit, dass einer der Schüler dem fast blinden Mann später einen tödlichen Schlag versetzte.

Schleifen im Baum

Gestern wurde der Mordprozess in Moers fortgesetzt. Die beiden Nichten des Opfers, Lena (19) und Nadine (24), kennen die Angeklagten gut. "Ich war mit denen auf der Schule", sagt Lena. "Sie sind in Kamp-Lintfort als Unruhestifter bekannt. Wo sie aufkreuzen, gibt es fast immer Ärger", sagt Lena. Die beiden jungen Frauen dürfen nicht an der Verhandlung teilnehmen. Der Prozess ist nicht öffentlich, nur die engsten Angehörigen dürfen in den Saal. Die Schwestern haben nur einen Wunsch: "Für den feigen Mord an unseren Onkel muss E. (der Hauptangeklagte) lange ins Gefängnis, mindestens zehn Jahre."

Die Anteilnahme der Bevölkerung gleich nach der Tat war riesig. Der Baum, unter dem Klaus B. verblutete, wurde während einer öffentlichen Trauerfeier mit weißen Schleifen geschmückt. Sie hängen noch heute in den kahlen Ästen, sind nur etwas grauer geworden. Hat sich tatsächlich etwas geändert seitdem, ist der Bereich am Pappelsee sicherer geworden oder eine "Kultur des Hinsehens" entstanden? "Wir sehen in den Ereignissen vom 24. Mai eine Warnung, die zu einer eigenen kritischen Reflexion des Handlungsfeldes der Jugendarbeit führen muss", so der Erste Beigeordnete, Dr. Christoph Müllmann.

Es hat sich eine amtsinterne Beratungsgruppe gebildet, die sich aus den Mitarbeitenden der Jugendarbeit, des Allgemeinen Sozialen Dienstes, der Jugendhilfeplanung und der Amtsleitung zusammensetzt. Präventionsprogramme wurden intensiviert. Solche Angebote gab es aber auch schon vorher. Der Hauptangeklagte E., der Klaus B. erschlagen haben soll, war in Kamp-Lintfort schon vor der Tat auffällig geworden. Er soll bereits einmal ein Anti-Aggressionstraining durchlaufen haben — ohne Erfolg.

Das Gelände rund um den Pappelsee ist immer schon Anziehungspunkt für Jugendliche gewesen. "Da hat sich auch nichts dran geändert", berichtet ein direkter Anwohner, der auf der Straße Laub fegt. Kürzlich erst hätten ihn einige Halbstarke angepöbelt. Die Polizei fährt nicht verstärkt Streife in dem Gebiet. "Nur im Sommer, wenn sich dort sehr viele Jugendliche aufhalten", so Polizeipressesprecher Jürgen Müller. Es sei kein Straftaten-Brennpunkt. Das sieht Rentner Hort Weyers anders. Der 71-Jährige kommt auch sechs Monate nach der Bluttat noch regelmäßig zum "Gedenkbaum" auf dem Parkplatz. Er kannte den Getöteten.

(RP)
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