Kamp-Lintfort Obdachloser zu Tode gehetzt

Kamp-Lintfort · In Kamp-Lintfort wurde ein 51-Jähriger getötet, der seit drei Monaten in einem Auto lebte. Die Mordkommission hat eine Gruppe von Jugendlichen als Täter im Visier, die das Opfer schon früher bedroht hatten.

Hier wurde der Obdachlose zu Tode getreten
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Eine Gewalttat erschüttert die niederrheinische Kleinstadt Kamp-Lintfort. Ein sehbehinderter Obdachloser (51) ist in der Nacht zu Pfingstsonntag auf einem öffentlichen Parkplatz vermutlich von Jugendlichen brutal getötet worden. Anwohner fanden die Leiche von Klaus B. um kurz nach zwei Uhr in einer großen Blutlache auf dem Parkplatz des Spaßbades Pappelsee. Der Tote habe schwere Kopfverletzungen aufgewiesen, an denen er auch gestorben sei, teilte gestern die zuständige Mordkommission aus Duisburg mit. Das habe die Obduktion des Leichnams am Sonntag ergeben.

Die genauen Hintergründe der Bluttat waren auch gestern noch nicht bekannt. Die Spurensicherung der Polizei hat das Geschehen nachgezeichnet. Demnach haben die Täter ihr wehrloses Opfer wohl erst mit einem Auto quer über den Parkplatz gehetzt, bevor sie es mit Tritten und Schlägen töteten. Die Spuren auf dem Asphalt sprechen dafür, dass der Wagen mehrfach stark beschleunigt und abgebremst wurde. Dass Klaus B. den Corsa selbst gesteuert hat, glauben die Ermittler nicht: "Wegen eines Augenleidens konnte er gar nicht Auto fahren", so Arnd Rother, Leiter der Mordkommission.

Die Umgebung des Parkplatzes wird nach Angaben der Polizei regelmäßig von Gruppen aufgesucht, die dort feiern oder grillen. Vor etwa zwei Monaten wurde Klaus B. auf dem Parkplatz schon einmal von Jugendlichen bedroht. Damals erstattete er bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt. Die Angreifer sollen ihm damals bereits die Nase gebrochen haben, sagen Anwohner. Sie berichten, dass B. oft Halbwüchsige, die sich häufig am Spaßbad und im angrenzenden Freizeitpark aufhalten, fotografierte. "Er hat die Jugendlichen oft ermahnt, wenn sie etwas kaputt machen wollten. Gesetz und Ordnung waren ihm wichtig. Aber diese Jugendlichen lassen sich so etwas nicht gefallen", sagt ein junger Mann, der den Toten kannte. "Die Jugendlichen sind oft mit ihren aufgemotzten Autos auf dem Parkplatz, trinken Alkohol und rauchen Marihuana."

Der Verstorbene lebte erst seit etwa drei Monaten auf der Straße und übernachtete auf dem Parkplatz immer in einem alten grauen Opel Corsa. Den angemeldeten Wagen hatte er dafür von einem Bekannten zur Verfügung gestellt bekommen. Das Auto fanden die Ermittler demoliert und mit abgeschraubten Nummernschildern etwa 600 Meter vom Tatort entfernt in einem Wendehammer. Die Unbekannten haben es offenbar, nachdem sie Klaus B. getötet hatten, dort abgestellt. "Wir können uns das nicht erklären", sagte gestern Arndt Rother. Eine Hundertschaft durchkämmte das Gebiet um den Tatort weiträumig nach möglichen Spuren. "Wir haben eine Belohnung von 2000 Euro für Hinweise ausgesetzt, die zu den Tätern führen", teilte Staatsanwalt Stefan Müller mit.

Die Ermittlungsbehörden in NRW haben immer wieder mit Fällen zu tun, in denen Obdachlose Opfer von extremen Gewalttaten werden. Hubert Ostendorf, Geschäftsführer des Düsseldorfer Obdachlosenhilfevereins "fiftyfifty", beklagte, Gewalt gegen Schwächere sei zu "einem Bestandteil der Jugendkultur" geworden. Der Franziskanerbruder Peter Amendt (Düsseldorfer Initiative "Vision teilen" gegen Armut und Not) erklärte, Gewaltexzesse von Jugendlichen seien oft das Ventil, um die Frustration über die eigene Unzulänglichkeit abzubauen.

Nachbarn und Besucher des Schwimmbades bezeichneten das Opfer als netten und hilfsbereiten Menschen, der keiner Fliege etwas zuleide tun konnte. Keiner von ihnen kann die unfassbare Brutalität begreifen. Klaus B. hatte den Tod seiner Frau zu verwinden und war dann durch einen Wohnungsbrand obdachlos geworden. Er sei auch nicht alkoholabhängig gewesen, so der Leiter der Mordkommission.

(RP)
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