Mönchengladbach Stadt zittert vor der Zinsfalle

Mönchengladbach · Zwar macht die Stadt nach neuesten Prognosen weniger Schulden als vorhergesagt und ist deshalb erst fünf Jahre später überschuldet. Aber sie hängt von Kassenkrediten ab. Gerade bei denen werden die Zinsen rapide steigen.

Die Finanzlage der Stadt ist und bleibt desaströs. Daran ändern substanziell auch die guten Nachrichten nichts, die Kämmerer Bernd Kuckels gestern bei der Präsentation des Jahresergebnisses verkünden durfte. Alle drei Bedingungen, die Kuckels stets genannt hatte, damit die Stadt ihre Lage verbessert, sind eingetreten – allerdings jeweils mit Einschränkungen. Erste Bedingung: Die Konjunktur ist wieder angesprungen, was ein deutliches Plus bei der Gewerbesteuer bringt. Fast elf Millionen Euro mehr als im letzten Haushalt berechnet wird die Stadt nach jetzigem Stand in diesem Jahr einnehmen. "Allerdings liegen wir immer noch deutlich unter den Zahlen vor der Wirtschaftskrise", so Kuckels. Zudem zeigt die Tatsache, dass die Stadt im Rahmen des vom Land geplanten Ausgleichs mehr bekommen soll als andere Kommunen: Andernorts hat sich die Gewerbesteuer noch deutlich besser entwickelt.

Unterstützung von Bund und Land

Zweite Bedingung: Die Stadt darf inzwischen berechtigte Hoffnungen haben, Unterstützung von Bund und Land zu bekommen. Der Bund will die Grundsicherung im Alter übernehmen, was die Stadt allein im Jahr 2014 rund 19 Millionen Euro sparen würde. Das Land überweist mehr Geld vor allem für Sozialleistungen. Das macht sich so erheblich in der Bilanz bemerkbar, dass der Kämmerer derzeit mit zwei Rechenmodellen parallel operiert. Denn – und das ist die Einschränkung – noch sind beide Vorhaben nicht verabschiedet und damit noch nicht rechtssicher. Das Defizit allein für 2011 fiele um rund 58 Millionen Euro geringer aus, wenn das Gemeindefinanzierungsgesetz des Landes käme.

Dritte Bedingung: Die Stadt muss sparen. Über 130 Beschlüsse aus dem Haushaltssicherungskonzept dazu werden gerade umgesetzt – aber nicht die, die das meiste Geld bringen, nämlich eine Anhebung von Gewerbe- und Grundsteuer. Die wird, davon ist der Kämmerer überzeugt, schon bald mit neuer Dringlichkeit diskutiert werden. Denn die Hilfen von Bund und Land werden an Bedingungen geknüpft sein.

All das führt dazu, dass der Schuldenberg der Stadt langsamer wächst als in den bisherigen Planungen veranschlagt. Erst 2022 wird die Stadt nach den jetzigen Berechnungen mehr Schulden als – ohnehin nur theoretische – Werte haben.

Allerdings gibt es eine Bedrohung von erheblichem Ausmaß. Die Banken müssen, so schreibt es das Basel III-Gesetz fest, künftig mehr Eigenkapital bilden. Das bedeutet, dass sie künftig nicht mehr so viel Geld aus ihren liquiden Mitteln als kurzfristige Kassenkredite an die Kommunen verleihen können. Die Zinsen werden dann, wie Kuckels und sein Kämmereileiter Siegfried Acker gestern ausführten, nach Einschätzung der Banken-Experten erheblich steigen. 2010 lagen sie im Schnitt bei 0,56 Prozent. Genau von diesen kurzfristigen Krediten hat die Stadt aber besonders viele. Aktuell sind es über 860 Millionen Euro, schon bald mehr als eine Milliarde. Markant höhere Zinsen würden der Stadt noch schneller den finanziellen Kollaps bringen.

(RP)
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