Petra Coenen hat das System erfunden Im Eli steht die Ampel auf Grün

Mönchengladbach · Der Mangel an Pflegekräften und immer anspruchsvollere gesetzliche Vorgaben stellen Kinderkliniken vor große Probleme – das Eli findet innovative Lösungen.

 Am Eli steuert eine Ampel die Intensivstation für Frühchen. Unser Foto zeigt (v.l.) Thomas Fauhl, Beate Welsch, Prof. Wolfgang Kölfen und Petra Coenen, die das Ampel-System entwickelt hat.

Am Eli steuert eine Ampel die Intensivstation für Frühchen. Unser Foto zeigt (v.l.) Thomas Fauhl, Beate Welsch, Prof. Wolfgang Kölfen und Petra Coenen, die das Ampel-System entwickelt hat.

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Alle Kinderkliniken in Deutschland suchen händeringend Kinderkrankenschwestern und –pfleger. Der Fachkräftemangel tut weh. Und es wird noch schlimmer, denn Ende 2019 greifen neue gesetzliche Vorgaben, die es nötig machen, noch mehr Personal vorzuhalten. „90 Prozent der Kinderkliniken werden diese Vorgaben nicht erfüllen können“, sagt Professor Wolfgang Kölfen. Zu den wenigen Häusern, die sehr gut aufgestellt sind, gehört die Kinderklinik des Elisabeth-Krankenhauses, dessen Chefarzt Kölfen ist.

Warum steht die Rheydter Kinderklinik mit dem Perinatalzentrum Level 1 so gut da? Zum einen, weil seit Jahren eine vorausschauende Personalpolitik betrieben wurde und auch in den Zeiten, als an den Pflegekräften gern gespart wurde, Kinderkrankenschwestern eingestellt wurden. Zum anderen, weil die Verantwortlichen ein innovatives Strukturmodell geschaffen haben, das in der Krankenhauslandschaft überregional für Aufsehen sorgt. Es wurde ein Ampelsystem entwickelt, bei dem dreimal am Tag geklärt wird, ob genügend Personal vorhanden ist, welche Aufnahmen beispielsweise aus der Geburtsklinik anstehen, ob Verlegungen möglich sind oder zusätzliches Personal benötigt wird. „Es ist in diesem Prozess klar, wer mit wem redet, wer Entscheidungen trifft und was passiert, wenn Personal fehlt“, erklärt Pflegedienstleiterin Petra Coenen, die das Modell entwickelt hat.

Dieser klare Prozess ist in jedem Fall vorteilhaft, in Zukunft aber besonders notwendig, weil die gesetzliche Qualitätssicherungsrichtlinie Früh- und Reifgeborene nicht nur sehr konkrete Vorgaben zum Betreuungsschlüssel zum Beispiel in der Kinderintensivstation macht, sondern auch verlangt, dass das Personal jederzeit zur Verfügung steht. Das allerdings ist praktisch nur unter enormen Schwierigkeiten umzusetzen. Petra Coenen nennt ein Beispiel: Im Frühdienst sind sieben Mitarbeiter für die Intensivpflege von Kindern eingeteilt. Bei der vorhandenen Patientenzahl passt das. Dann kommt es zur Notaufnahme von Drillingen, die in der 28. Schwangerschaftswoche geboren wurden und alle weniger als 1500 Gramm wiegen. Für jedes dieser drei Babys muss nun eine Eins-zu-Eins-Betreuung sicher gestellt werden. Das heißt: Drei weitere Kinderkrankenschwestern müssen direkt ihren Dienst antreten. Und zwar nicht nur in dieser Schicht, sondern auch in den folgenden Schichten. Sollte es noch zu einer Frühgeburt von Zwillingen kommen, werden noch einmal zwei zusätzliche Pfleger benötigt. So viel Fachpersonal steht nicht dauerhaft zur Verfügung.

Was passiert, wenn die Qualitätsrichtlinie Ende 2019 verpflichtend umgesetzt werden muss? Die kleinen Patienten müssen in andere unter Umständen weit entfernte Kliniken verlegt werden, die genügend Personal und Betten vorhalten können. Kölfen hält das für eine schlechte Lösung. „Qualität ist ein hohes Gut, aber es ist Augenmaß erforderlich“, sagt er. Es könne nicht nur um berechnete Personalschlüssel gehen. „Nicht immer ist bei Drillingen unter 1500 Gramm eine Eins-zu-Eins-Pflege nötig“, sagt der erfahrene Kindermediziner. „Man muss sehen, was vernünftig und sinnvoll ist.“ Und Thorsten Celary, Geschäftsführer der Städtischen Kliniken, fügt hinzu: „Die Personalschlüssel beruhen auf Gutachten von Unternehmensberatungen, die zum Teil einfach realitätsfern sind.“ Im Eli aber steht die Ampel auf Grün.

(arie)
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