Mönchengladbach Kosmetik für die Seele

Mönchengladbach · Die Haare fallen aus, die Einnahme von Cortison verändert den Körper: Viele Krebspatientinnen leiden darunter. "Es geht ein Stück Frausein verloren", sagt eine Betroffene. Spezielle Kosmetikseminare sollen ihnen helfen.

 Kosmetikerin Anja Brüggemann betreut die Krebspatientinnen bei den Schminkkursen und gibt ihnen wertvolle Tipps.

Kosmetikerin Anja Brüggemann betreut die Krebspatientinnen bei den Schminkkursen und gibt ihnen wertvolle Tipps.

Foto: Detlef Ilgner

Sanft massiert Anja Brüggemann mit einem Wattepad die Reinigungsflüssigkeit in die Haut. Carmen S. schließt die Augen und genießt. "Sehr angenehm ist das", sagt sie anschließend lächelnd. Sie ist eine der Teilnehmerinnen am Kosmetikseminar für Krebspatientinnen im Evangelischen Johanniter-Krankenhaus Bethesda. Regelmäßig bietet die gemeinnützige Gesellschaft DKMS Life bundesweit solche kostenfreien Seminare an - in Mönchengladbach im Bethesda und im Elisabeth-Krankenhaus in Rheydt. "Wir wollen damit dazu beitragen, dass es der Seele wieder gut geht", sagt Kosmetikerin Anja Brüggemann gleich zu Beginn.

Kosmetikseminare für die Seele? Haben Krebspatientinnen keine anderen Probleme als ihr Aussehen? Ja und Nein. Ja, weil es wichtiger ist, gesund zu werden als die Haare zu behalten, die im Allgemeinen im Rahmen einer Chemotherapie ausfallen. Und nein, weil der Blick in den Spiegel trotzdem von großer Bedeutung für das Wohlbefinden ist. "Es geht bei der Therapie schon viel vom Frausein verloren", sagt Steffi. "Durch das Cortison legt man an Gewicht zu, das Gesicht verändert sich und dann verliert man noch die Haare."

Bei ihr begannen die Haare zwölf Tage nach Beginn der Chemotherapie auszufallen. Kurzentschlossen machte sie einen Termin bei einem Friseur, der montags extra für Krebspatientinnen öffnet, nahm eine Freundin und eine Flasche Sekt mit und ließ sich die Haare abrasieren. Jetzt trägt sie ein Tuch um den Kopf und eine Perücke, wenn sie abends weggeht. "Die trage ich dort, wo ich mich nicht so sicher fühle", erklärt sie. Das Kosmetikseminar ist für sie die Möglichkeit, sich etwas Gutes zu tun. "Man muss sich mit den äußerlichen Veränderungen arrangieren und einen liebevollen Blick auf sich selbst einüben", sagt Carmen, die bereits zum zweiten Mal eine Chemotherapie durchmacht. Für sie ist das Kosmetikseminar eine Chance, ein Stück Normalität zurückzugewinnen, "ganz normal Frau zu sein", wie sie sagt.

Kosmetikerin Anja Brüggemann trägt zu dieser Wohlfühl- und Normalitätsatmosphäre ihren Teil bei. Sie verteilt zu Beginn die Taschen voller hochwertiger Kosmetikartikel, die alle Teilnehmerinnen bekommen. Und sie führt in den Gebrauch der Cremes und Concealer, der Kajal- und Augenbrauenstifte, von Make-up und Puder ein. Sie erklärt, führt vor und gibt Tipps. Sie zeigt, wie ein Tuch, das die Teilnehmerinnen zusammen mit den Kosmetikartikeln erhalten, geknotet und getragen werden kann. "Wenn Sie mehr Volumen wollen, tun Sie ein Schulterpolster unter die Mütze", rät sie. Sie empfiehlt Tagescreme für das ganze Gesicht, Hals und Dekolleté, weil die Chemotherapie die Haut trocken macht. Sie zeigt, wie der Kajalstift eingesetzt wird, um die verloren gegangenen Wimpern zu ersetzen. "Sehen Sie", sagt sie, nachdem sie einen Strich auf Ober- und Unterlid gezogen hat, "das Auge sieht jetzt nicht mehr so nackt aus."

Dagmar, bei der sie die Technik vorgeführt hat, betrachtet sich zustimmend im Spiegel. "Ich habe diese Krankheit und stehe dazu", erklärt sie. "Ich laufe zu Hause auf dem Bauernhof auch ohne Mütze und ohne Perücke herum. Aber morgens in den Spiegel zu schauen, ist schon hart." Nach dem entsprechenden Schminkvorgang ist es aber deutlich angenehmer: Die Augen der Frauen werden durch Lidschatten, Kajal- und Augenbrauenstift wieder betont, die Haut wirkt durch das Make-up und Rouge frischer, der Concealer lässt Schatten unter den Augen verschwinden. "Es ist wohltuend, hier zu sein", sagt Carmen. Und weil es ihnen gut tut, können die Teilnehmerinnen auch wieder kommen.

Die Kosmetikseminare finden im Allgemeinen monatlich statt. Die Tasche mit den vielen Kosmetikprodukten gibt es zwar nur beim ersten Mal. Aber das Gefühl, etwas Gutes für sich selbst zu tun, lässt sich mehrfach hervorzaubern.

(RP)
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