Mönchengladbach Keine Reue nach Attacke auf Polizisten

Die Bestürzung im Polizeipräsidium über das Schicksal des Kollegen ist groß. Michael Frehn, der bei einem Einsatz nach einem Supermarkteinbruch am vergangenen Samstag in Odenkirchen angegriffen wurde, liegt mit schweren Kopfverletzungen im Krankenhaus.

Der Schädel ist gebrochen, ebenso Jochbein, Nase und Augenhöhle. Mit einem einzigen wuchtigen Tritt ins Gesicht hat der als gewalttätig bekannte Angreifer dem Polizisten vom Einsatztrupp außerdem mehrere Zähne aus dem Kiefer getreten. Der Täter muss mit äußerster Brutalität vorgegangen sein.

Kollegen, die dabei waren, als Michael Frehn plötzlich attackiert wurde, sagen, "es habe sich angehört, als sei eine Kokosnuss geplatzt", berichtet Kriminalhauptkommissar Ingo Thiel.

"Das ist ein ernster und bedrückender Vorfall", findet Polizeipräsident Hans-Hermann Tirre. Nicht nur er empfindet es "als völlig unerträglich, dass Gewalt gegen diejenigen ausgeübt wird, deren Beruf es ist, andere zu schützen". Der Respekt vor den Ordnungshütern habe extrem abgenommen.

Nicht nur in Mönchengladbach werden immer mehr gewaltsame Attacken auf Polizeibeamte registriert. Viele Streifenpolizisten berichten davon, dass man bei manchen Leuten schon vorsichtig sein müsse, wenn man nur nach den Personalien frage.

So muss es auch am vergangenen Samstag gewesen sein. Gegen 0.50 Uhr war bei der Leitstelle ein Anruf von Anwohnern des Kaisers Marktes in Odenkirchen eingegangen. Zeugen hatten das Klirren einer Scheibe gehört. "Die Polizisten fuhren zum Einsatzort, in der Hoffnung, dass sie die Einbrecher noch auf frischer Tat ertappen können", berichtet Thiel. Doch im Supermarkt konnte niemand mehr entdeckt werden.

Wenig später trafen die Beamten jedoch auf eine Gruppe von acht bis zehn Personen in Tatortnähe. "Weil nicht ausgeschlossen werden konnte, dass sich unter ihnen die mutmaßlichen Täter befinden, sollten die Personalien aufgenommen werden", so der Kriminalhauptkommissar.

Doch schon der erste Befragte habe sich massiv geweigert. Da er immer aggressiver wurde, packten sich Michael Frehn und ein anderer Kollege den Mann und hielten ihn am Boden liegend ihn fest. Währenddessen kam plötzlich ein weiterer Mann hinzu. Er erklärte, er sei der Bruder, und wurde sofort gewalttätig. Andere zur Verstärkung hinzugezogene Kräfte versuchten, ihn zu bändigen, drohten mehrfach, den Polizeihund einzusetzen.

Der Mann beruhigte sich nicht. In der Sekunde, als der Hund losgelassen wurde, rannte der Mann auf den zweifachen Familienvater Michael Frehn los, der noch am Boden kniete, und trat ihm mit Anlauf ins Gesicht. So schildert es die Polizei. Jetzt sitzt der 20-jährige Roberto S. in Untersuchungshaft. Der Vorwurf gegen ihn: versuchter Totschlag.

"Je nachdem, ob er nach Jugend- oder Erwachsenenrecht bestraft wird, drohen ihm zehn beziehungsweise 15 Jahre Höchststrafe", sagt Staatsanwalt Stefan Lingens. Einsicht, Bedauern oder gar Reue zeige der mutmaßliche Täter nicht, sagt Lingens. Roberto S. galt schon als gewalttätig, da war er gerade 15 Jahre alt.

Von da an wurde er immer wieder auffällig — wegen gefährlicher Körperverletzung, schweren Raubs, Widerstands. Bei der Polizei wurde er deshalb als "jugendlicher Intensivtäter" geführt. Erst im Oktober war Roberto S. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Sie wurde zur Bewährung ausgesetzt. Abschreckend wirkte das Urteil offenbar nicht. Tirre: "Es gibt seit langem Auffälligkeiten an der Burgmühle. Wir werden dafür Sorge tragen, dass es aufhört."

Gearbeitet daran werde schon länger. In Odenkirchen trifft sich regelmäßig eine Gruppe, in der einige als Intensivtäter bekannt sind. "Es gibt Jugendliche, die sehen in ihnen ein Vorbild. Das versuchen wir zu ändern", sagt Reinhard Lenzen-Fehrenbacher. Leiter der Polizeiinspektion. Ob Michael Frehn, der als Polizist in der RTL2-Doku-Serie "Ärger im Revier" tausende Fans hatte, bleibende Schäden davon trägt, ist noch ungewiss.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort