Mönchengladbach Chronik des Kirchensterbens

Mönchengladbach · Resignation und ohnmächtige Wut

Das Kirchensterben in Mönchengladbach geht unaufhaltsam weiter. Etwa ein Viertel der 39 katholischen Gotteshäuser muss in den kommenden Jahren geschlossen werden. Das hat das Bistum Aachen unmissverständlich angekündigt.

Die evangelische Friedenskirche an der Rheydter Hauptsstraße war die erste in der Reihe. Sie wurde verkauft und beherbergt seit 2001 Sozialwohnungen.

Vor nicht ganz drei Jahren verpachtete die Gemeinde Speick ihre Pfarrkirche St. Hermann Josef an die griechisch-orthodoxe Gemeinde. Ein Glücksfall, wie sich im Nachhinein herausstellte: Beide Gemeinden, die katholische wie die griechische, können das Gotteshaus an der Immelmannstraße weiter nutzen.

Am Pfingstsonntag 2006 war der letzte Gottesdienst im Haus der evangelischen Kirchengemeinde Mülfort. Das Gotteshaus steht seitdem zum Verkauf. Offenbar hat aber niemand Interesse an dem Gebäude an der Giesenkirchener Straße.

Ende 2006 wurde bekannt, dass St. Johannes an der Urffstraße der Gemeinde Herz Jesu Pongs beitritt. Die Fusion wurde zum 1. Januar 2007 vollzogen.

Und jetzt die Dreier-Komination in Pesch, Hardterbroich und Hermges. Die Pfarre Hardterbroich hatte sich in Sicherheit gefühlt. Herz Jesu sollte ihr zugeteilt werden. Damit wäre St. Bonifatius gerettet gewesen. Jetzt soll die Kirche zur Filiale von St. Josef Hermges werden. Wie lange?

Die Fusion von St. Peter Waldhausen und St. Anna Windberg steht in Kürze bevor. Am 30. Juni, am Patronatsfest, feiert die Gemeinde St. Peter Waldhausen Abschied von ihrer Kirche. Im Anschluss an den Gottesdienst wird das Allerheiligste in einer Prozession nach St. Anna gebracht.

Was müssen gläubige Menschen empfinden, die zum letzten Mal eine Heilige Messe in ihrer Heimatkirche erleben? Wie sollen sie in Worte fassen, was sich in ihrem Herzen abspielt? Wie Abschied nehmen von dem Gotteshaus, in dem sie womöglich getauft wurden, die Heilige Kommunion empfingen, die Firmung, wo sie die Ehe geschlossen und Beerdigungen zelebriert haben. Sie empfinden tiefe Trauer, Resignation, Ohnmacht und unverholene Wut auf die finanzielle Katastrophe, in die das Bistum Aachen mit offenen Augen geschliddert ist. Sie müssen erleben, wie die liturgischen Schätze ihrer Pfarrkirche in eine Kiste gepackt und die Türen (vielleicht für immer) abgeschlossen werden.

Aber nicht nur die Gemeindemitglieder nehmen Abschied, es ist die Stadt, die für immer etwas verloren hat. Ein wertvolles Stück Kultur stirbt, wann immer ein Gotteshaus geschlossen wird. Kirchen und Kapellen prägen das Stadtbild, sie bilden den Mittelpunkt des Bezirks, des Ortes, der Honschaft. Was geschieht mit diesen religiösen Wahrzeichen? Was geschieht mit Herz Jesu? Keiner weiß es im Moment. Das Kirchensterben hat begonnen. Ein trauriger Akt. INGE SCHNETTLER

(RP)
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