Leichlingen "Sparen war bisher nur Bodenturnen"

Leichlingen · Der neue Stadtkämmerer legte gestern den Haushaltsentwurf 2016 vor. Er soll erstmalig die Realität abbilden.

Leichlingen: "Sparen war bisher nur Bodenturnen"
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Der neue Stadtkämmerer Thomas Knabbe hat bereits für "Schmerzensschreie" im Rathaus gesorgt - das behauptete gestern Bürgermeister Frank Steffes, der es schließlich wissen muss. Erst seit dem 1. November im Amt, habe Knabbe nicht nur die Finger, sondern gleich Unter- und Oberarme in die Wunden der städtischen Finanzwirtschaft gelegt, begründete der Stadtchef die "Schmerzensschreie" und lobte Knabbe zugleich für seine Konsequenz.

Erstmalig werde ein Haushaltsentwurf vorgelegt, der die Wirklichkeit in aller Klarheit abbilde, sagte Steffes und strafte ausdrücklich die in der Vergangenheit vorgelegten Haushaltspläne zumindest in Teilen als "Unwahrheiten". So legte er gestern Abend auch dem Stadtrat in aller Deutlichkeit dar, "was bei den Ausgaben für die Mitarbeiter der Stadtverwaltung machbar ist und was nicht": "Personaleinsparungen funktionieren nicht. Im Gegenteil: Wir mussten und müssen das Personal ausweiten. Die Verwaltung ist sogar unterdimensioniert", sagte der Bürgermeister und führte die Bereiche Kindertagesstätten und Flüchtlingsbetreuung ins Feld. Die im Haushaltsplan aufgeführten 230 Stellen seien teilweise schon seit Jahren nicht mehr besetzt worden. "Wir haben 15 freie Stellen mit in der Berechnung", verdeutlicht der Kämmerer.

Leichlingen: "Sparen war bisher nur Bodenturnen"
Foto: Miserius, Uwe (umi)

Eine klare Aussage machte Steffes auch zu den Belastungen des städtischen Haushaltes durch Unterbringungs- und Betreuungskosten für Flüchtlinge und Asylbewerber: "Diese Kosten sind nur ein Teil des Problems, sie sind aber nicht der Hauptteil." Denn er hoffe für 2016, eine 90-prozentige Erstattung der Kosten für Flüchtlinge von Land und Bund zu erhalten, führt der Kämmerer im Haushaltsentwurf aus.

Dem Leichlinger Stadtrat will der Bürgermeister künftig mehr als bisher abverlangen: "Ich möchte einen Stadtrat, der Utopien und Strategien entwickelt, der Entscheidungen darüber fällt, welche Standards er bei den städtischen Ausgaben anlegen will und nicht immer nur weiter draufsatteln will", wurde der Bürgermeister deutlich. "Jedes Ratsmitglied muss sich künftig fragen, ob es Partikularinteressen, zumeist derjenigen, die am lautesten schreien, oder das Gesamtinteresse für die Stadt vertreten will", fordert Steffes.

Oberstes Ziel bei Dienstantritt war für Knabbe, die drohende Gefahr eines Haushaltssicherungskonzeptes für Leichlingen abzuwenden. Denn wenn eine Kommune zwei Jahre in Folge die allgemeine Rücklage um fünf Prozent und mehr überschreitet, dann muss sie mit einem Haushaltssicherungskonzept auch ihre Hoheit über ihre Finanzen zumindest zeitweilig aufgeben. Für dieses Jahr lässt sich die Überschreitung nicht mehr abwenden, sie wird bei 5,26 Prozent liegen, wie es der Haushaltsplanentwurf angibt. Für 2016 prognostiziert der Kämmerer aber die Veränderung der allgemeinen Rücklage um 4,91 Prozent, die dann in den Folgejahren weiter sinken soll bis auf 0,09 Prozent im Jahr 2024.

Kämmerer und Bürgermeister müssen das dicke, knapp 400 Seiten starke Haushaltswerk (Entwurf) für 2016 nun aber in die Hände der politischen Entscheidungsträger geben. Am 25. Februar soll der Stadtrat darüber entscheiden. Zum Spargebot der kommenden Jahre verdeutlicht der Kämmerer: "Bisher war es nur Bodenturnen, nun geht es an die Ringe und den Schwebebalken."

(RP)
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