Unglück mit zwei Toten in Köln Prozess um Stadtarchiv-Einsturz startet unter Zeitdruck
Köln · Vor knapp neun Jahren ist das Kölner Stadtarchiv eingestürzt. Im kommenden Jahr soll der Strafprozess wegen fahrlässiger Tötung gegen sechs Angeklagte beginnen. Inzwischen herrscht Zeitdruck: Der Fall verjährt bald.

Stadtarchiv Köln: So sieht die Einsturzstelle sechs Jahre danach aus
Für das Verfahren, das am 17. Januar beginnen soll, beraumte das Landgericht Köln 126 Verhandlungstage an, wie ein Sprecher am Freitag mitteilte. Bei der Aufarbeitung des Unglücks vom 3. März 2009 steht die Justiz unter Zeitdruck: Wegen der zehnjährigen Verjährungsfrist muss das Urteil bis März 2019 fallen.
Die sechs Angeklagten müssen sich wegen fahrlässiger Tötung und teilweise wegen Baugefährdung verantworten. Ein früherer siebter Beschuldigter verstarb inzwischen.
Zwei Anwohner kamen ums Leben
Das Gebäude des Stadtarchivs in der Kölner Südstadt, eines der bedeutendsten Kommunalarchive Europas, war bei U-Bahnbauarbeiten zusammengestürzt und hatte zwei Nachbarhäuser mit in die Tiefe gerissen. Zwei Anwohner kamen bei dem Einsturz ums Leben. Es entstand ein Schaden in Milliardenhöhe.
Grundlage für die Anklage der Staatsanwaltschaft ist ein Sachverständigengutachten zu möglichen Fehlern bei den Arbeiten. Nach früheren Angaben der Anklagebehörde sollen an der U-Bahnbaustelle bei Aushubarbeiten für eine Schlitzwand im September 2005 bauhandwerkliche Fehler gemacht worden sein. Zugleich wurden die Arbeiten demnach nicht ausreichend kontrolliert.

Das Historische Stadtarchiv in Köln ist eingestürzt
Schon seit Jahren gibt es Vermutungen, wonach Baufehler bei der Errichtung einer Schlitzwand an der U-Bahnbaustelle vor dem Archivgebäude zu dessen Einsturz geführt haben könnten. Die beteiligten Baufirmen vertreten hingegen die These, dass ein nicht vorhersehbarer Einbruch von Grundwasser die Gebäude unterspült und zum Einsturz gebracht habe.
Viele Archivalien zerstört
Bei dem Archiveinsturz wurde der weitaus größte Teil der Archivalien verschüttet - Historiker und Archivexperten sprachen damals von einer Katastrophe für die europäische Geschichtsschreibung. Insgesamt beherbergte das eingestürzte Gebäude 30 Regalkilometer Archivalien - zum Vergleich: Mittelgroße Kommunalarchive haben etwa drei Kilometer Aktenbestand.
Nach dem Einsturz des Gebäudes am Kölner Waidmarkt hatten tausende Helfer und Feuerwehrleute 95 Prozent des Archivbestands bergen können. Allerdings erwies sich der Zustand des Archivguts als sehr unterschiedlich: Nur 15 Prozent der geborgenen Archivalien waren leicht beschädigt, 50 Prozent wiesen mittlere bis schwere, 35 Prozent sogar schwerste Schäden auf.
Die Restaurierung der Archivalien wird daher noch Jahrzehnte dauern. Derzeit wird am Rand der Kölner Innenstadt ein neues Archivgebäude errichtet.