Kleve Digitaler Wandel macht Ermittlern viel Arbeit

Kleve · Der Aufwand für Staatsanwälte und Polizei ist deutlich gestiegen. Vor allem die Menge an digitalen Daten macht den Behörden zu schaffen. Die Staatsanwaltschaft Kleve hat einen Vorteil: Sie hat ein junges Team.

 Oberstaatsanwalt Günter Neifer mit einem "Aktenberg" - aber vor allem die Auswertung digitaler Daten sorgt bei den Ermittlern für viel Arbeit.

Oberstaatsanwalt Günter Neifer mit einem "Aktenberg" - aber vor allem die Auswertung digitaler Daten sorgt bei den Ermittlern für viel Arbeit.

Foto: Evers

Ein Fall hat 2014 besonders für Aufregung gesorgt. Nachdem im März ein 43-Jähriger in einem Supermarkt in Materborn erstochen worden war, haben die Ermittler alle Hände voll zu tun. Nicht nur Spuren am Tatort müssen gesichert und Zeugen verhört werden. Um hinter das Motiv der Tat zu kommen, werten die Fahnder auch Mobilfunkdaten der Verdächtigen aus. Wer hat wann mit wem telefoniert? Wie lange dauerten die Telefonate? Nur ein Fall von vielen, in denen die Staatsanwaltschaft Kleve auf Technik setzt, die vor einigen Jahrzehnten undenkbar gewesen wäre.

"Wir haben in den vergangenen Jahren einen erheblichen Arbeitsanstieg", sagt Oberstaatsanwalt Günter Neifer. "Das hängt vor allem damit zusammen, dass wir immer mehr Software auswerten müssen." Dabei wertet das Material eigentlich nicht die Staatsanwaltschaft aus, sondern die Polizei oder speziell geschulte Privatunternehmen. "Wenn es um äußerst sensibles Material wie Kinderpornografie geht, macht das aber ausschließlich die Polizei", sagt Neifer. Um wie viel Prozent der Arbeitsaufwand der Ermittler gestiegen ist, mag der Oberstaatsanwalt nicht schätzen. "Aber man muss sich nur vor Augen führen, in welchem Umfang das Internet in den vergangenen Jahren gewachsen ist. In gleichem Umfang müssen wir auch mehr ermitteln. Das ist sehr erheblich", sagt Neifer.

Der Wandel der digitalen Ermittlungen hat sich vor allem auf die mobilen Geräte ausgeweitet, wie Polizeisprecher Manfred Jakobi sagt. "Wenn wir uns Smartphones anschauen, sind Speicherkarten mit 4000 Bildern und Zehntausenden Kurznachrichten keine Seltenheit mehr", sagt Jakobi. Darum hat man die entsprechende Ermittlungs-Abteilung bei der Polizei in Kleve auf fünf Fahnder aufgestockt. "Der Bedarf geht weiter nach oben. Je nach Tatbestand müssen wir Prioritäten setzen", sagt der Polizeisprecher.

Längst kann dabei nicht mehr jede Seite händisch kontrolliert werden. "Daran ist heute nicht mehr zu denken", sagt Oberstaatsanwalt Günter Neifer. Stattdessen scannen spezielle Programme die Seiten nach Schlagwörtern oder Bildern. Kontrolliert werden müssen dann nur noch die Ergebnisse dieser speziellen Suchmaschinen. Die Staatsanwaltschaft muss die Erkenntnisse sichten und einschätzen. "Da kann es schon einmal zu einem Prozessstau kommen. Das heißt, dass wir ein Verfahren nicht so zeitnah abhandeln können, wie wir es uns vielleicht wünschen", sagt Neifer. "Mir wäre aber nicht bekannt, dass mal ein Verfahren deswegen geplatzt ist", meint Manfred Jakobi.

Anders sieht das anscheinend auf Bundesebene aus. So beriefen sich Medien jüngst auf ein internes Schreiben der Generalstaatsanwälte in Görlitz (Sachsen), nach dem Beweismaterial nicht mehr fristgerecht ausgewertet werden kann, vereinzelt Prozesse zu platzen drohen. In einigen Fällen hätten Gerichte sichergestellte Beweismittel wie Computer und Handys ungeprüft zurückgeben lassen, weil die Untersuchungen zu lange gedauert hätten. Alleine in Brandenburg habe sich das auszuwertende Volumen von Computerdaten innerhalb von fünf Jahren verdoppelt.

Bei der Klever Staatsanwaltschaft kann man dabei mit einem Pfund wuchern. "Wir haben das Glück, in den vergangenen Jahren zwölf neue Staatsanwälte eingestellt zu haben. Alle sind frisch, jung und hochmotiviert", sagt Neifer. Weitere werden eingestellt, zuletzt eine junge Anwältin aus Geldern. "Dem gestiegenen Aufwand muss man mit den nötigen personellen Ressourcen begegnen", sagt Neifer. Auch Polizeisprecher Manfred Jakobi rechnet damit, dass die zu untersuchenden Datenmengen weiter steigen werden. "Das müssen wir ganz genau im Auge behalten", sagt Jakobi.

(RP)
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