Kleve Ein Konzert zum Erinnern

Kleve · Mit einer außergewöhnlichen Konstellation ging die Saison der Konzerte der Stadt Kleve zu Ende: die drei Gerassimez-Brüder kamen mit ihrem "Family Clash" auf die Bühne, das sind Alexej an Schlagzeug, Marimba und Vibraphon, Nicolai am Klavier und Wassily am Violoncello. Die Nähe durch die Blutsbande und die Zusammenstellung der Instrumente erzeugte genau jene Spannung beim "clash" (= Aufprall), die ein "Konzert zum Erinnern" entstehen ließ.

Das Fundament der Alten Meister bespielten die drei mit Bachs Präludium und Fuge und eröffneten da schon den Blick durchs Schlüsselloch ihnen eigenen Klang-Welt. Das gedruckte Programm änderten sie beim zweiten Werk und ließen "Paganini Personal" erklingen. Klavier und Marimba liefen dabei in die Extreme, extreme Höhen, extreme Tempi. In Körpersprache und Spielweise sind diese drei Brüder der Musik und ihren Instrumenten voll verschrieben und musizieren dabei locker auf höchstem Niveau. Dazu nutzen sie ihren Mut, eigene Arrangements bekannter Werke für sich umzusetzen, wie die bereits von Eric Sammut bearbeitete Version des "Libertango", die begeisterte. Ebenso wie die höchste Konzentration erfordernde minimal music "Music for Pieces of Wood" von Steve Reich, die sie als Trio auf Klangholz zum Besten gaben.

Die Allround-Genies scheuen sich zudem nicht, etwas ganz Persönliches von sich in ihren Kompositionen freizugeben, wie die tiefen Gefühle in "Melancholia" für Cello und Marimba, geschrieben von Wassily Gerassimez. Gleichsam wird Erlebtes widergespiegelt, wie in seinem "Der letzte Tanz im Orient" für Cello solo, in dem berückend schön das Flair der Vierteltöne einen Hauch von Arabien wehen ließ. Als Artist auf der Snare Drum erwies sich Alexej mit seinen "Asventuras" in komplexen Rhythmen auf dem ganzen Instrument umgesetzt, eine wahre Sound-Explosion in Fingerfertigkeit. Sein "Piazonore" für Vibraphon und Klavier entstand auch in Anlehnung an den Tango; Nicolai "rockte" den Flügel mit Fazil Zays "Paganini Jazz" und Spielfreude pur. Mit der Reminiszenz an musikalische Meister gingen sie in Bohuslav Martinus Variationen über ein Thema von Rossini für Violoncello und Klavier zu Werke.

Neben der Antwort auf die Frage, wie denn wohl diese Konstellation überhaupt klingen mag, eröffneten die Gerassimez-Brüder neue und sinnvolle Perspektiven auf Musik. Jeder der drei weiß um seine Möglichkeiten, die Möglichkeiten der Instrumente und die des Zusammenspiels - und alle kosten diese in einer erfrischenden Offenheit mit Anleihen aus alten und neuen Stilen voll aus. So viel wie schon jetzt von ihnen zu erwarten ist, so viel und noch mehr möchte und wird man bestimmt in Zukunft - solo oder gemeinsam - hören. Denn das Potential an Kompositionen und Interpretation ist noch lange nicht ausgeschöpft. Stehende Ovationen.

(RP)
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