Philip Simon "Ich will das Denken aus der Zwangsjacke befreien"

Hilden · monheim Der Kabarettist Philip Simon aus Köln gastiert am Freitag, 23. Oktober, im Bürgerhaus Baumberg, Humboldtstraße 8.

monheim Der Kabarettist Philip Simon aus Köln gastiert am Freitag, 23. Oktober, im Bürgerhaus Baumberg, Humboldtstraße 8.

Die Zwangsjacke ist ein Symbolbild Ihrer Show. Was hat das mit Ihnen selbst zu tun?

Simon Ich nutze die Bühne, um mich zweieinhalb Stunden leer zu quatschen. Es ist interessant, die Reaktionen des Publikums zu sehen, wenn man anfängt laut zu denken. Jeder sollte sich sein eigenes Bild machen. Es ist für mich auch eine Form der öffentlichen Therapie. Vor acht Jahren hatte ich ein Burnout. Das habe ich auch in mein Programm mit eingebaut.

Aus welcher Zwangsjacke wollen Sie heraus?

Simon Ich bin ein melancholischer Hobbyphilosoph, der die Hoffnung noch nicht aufgegeben hat. Der Mensch sollte sich aus Zwängen befreien. Ich erkläre mir die aktuelle Situation und beantworte mir die Fragen über das Leben selbst.

Sie sind studierter Philosoph. Über was machen Sie sich denn Gedanken?

Simon Deutschland zeichnet aus, dass wir eine Willkommenskultur haben. Aber jetzt stehen auf einmal mehr als 600.000 Flüchtlinge vor der Tür, und das Thema wird auf dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger diskutiert. Das ist brisant. Mir kann niemand erzählen, dass der Flüchtlingsstrom sowie die Schlepperkriminalität nicht vorhersehbar waren. Die Nachrichtendienste müssen das gewusst haben. Viele Debatten haben wir einfach erst viel zu spät geführt.

Was stört Sie an der deutschen Politik?

Simon Ich frage mich zum Beispiel, ob das Parteiensystem heute so noch funktioniert. Ich denke nicht, weil es thematisch kaum noch eine Unterscheidung gibt. Ich unterstelle allen Politikern, dass sie in die Politik gehen, um etwas verändern zu wollen, sich dann aber nach vier bis fünf Jahren ihrer Umgebung anpassen. Sie benutzen die gleiche Rhetorik wie viele andere Politiker auch, um zu manipulieren, damit es politisch passt.

Ihre Mutter ist Holländerin, Ihr Vater ist Deutscher. Was nehmen Sie aus beiden Kulturen mit?

Simon Die Deutschen sind nicht mehr so typisch deutsch wie sie einmal waren. Da hat sich viel verändert. Ich selbst stehe als gebürtiger Holländer auch zur niederländischen Königsfamilie, die ich sehr schätze. Sie kennt ihre Rolle und repräsentiert mit einem klugen Understatement. Das ist etwas, was ich mir zum Beispiel von unserem Bundespräsidenten auch wünsche.

Wo holen Sie sich Ihre Ideen für Ihr Programm her?

Simon Als gebürtiger Holländer fahre ich gerne nach Texel. Die Insel ist für mich eine Oase. Dort tanke ich regelmäßig auf und versuche, neue Ideen für mein Programm zu bekommen.

Vermissen Sie etwas ?

Simon Wenn ich in Holland bin, dann hole ich mir immer Heringe, Lakritze, Schokostreusel und diese roten und weißen Mäuschen aus Anissamen, die man sich aufs Brot streuen kann.

Was wollen Sie den Zuschauern in Monheim mitgeben?

Simon Jeder einzelne soll sich aus meiner Show das herausholen, was für ihn wichtig ist. Der eine Teil lässt sich einfach nur unterhalten, der andere Teil geht nachdenklich aus meiner Show raus. Ich will nicht belehren. In erster Linie soll gelacht werden, denn in der Gruppe zu lachen hat auch einen therapeutischen Effekt. Es ist wie eine Fastenkur, man geht auf jeden Fall danach gestärkt heraus.

Haben Sie schon neue Projekte für nächstes Jahr?

Simon Ich werde dem Fernsehen erhalten bleiben und 2016 mit meinem neuen Programm "Anarchophobie" auf die Bühne gehen. Das ist nicht die Angst vor Spinnen, sondern vor Spinnern.

Welche Spinner meinen Sie konkret?

Simon Alle diejenigen, die Angst vor dem Denken und neuen Gedankenwegen haben.

VIOLA GRÄFENSTEIN STELLTE DIE FRAGEN

(RP)
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