Haldern Pop Ohrwurm-Refrains mit Potenzial für die Ewigkeit

Rees · Heute beginnt das Haldern Open Air. Die RP hat sich die Bands angehört, die dabei sind (letzter Teil):

 Herz-Pop mit treibendem Groove bieten die "Maccabees".

Herz-Pop mit treibendem Groove bieten die "Maccabees".

Foto: Archiv

Drei Alben hat die britische Band Maccabees bisher eingespielt, und dabei Musik ganz unterschiedlicher Prägung eingespielt. Die ersten beiden Alben klangen nach Kaiser Chiefs und Arcade Fire — auf "Given To The Wild", dem neuen Werk, klingen sie so harmonisch-poppig wie noch nie. Herz-Pop fürs Stadion ist das, mit warmem Gesang und dennoch oft treibendem Groove. (4,5 von 5 Punkten)

Wir legen uns fest: Die britische Band Skinny Lister ist jene Band, die nach Haldern durchstarten wird. Bisher sind zwei Kurzalben und mehrere Singles erschienen, ein Album erscheint in Kürze. Was der London-Fünfer hier zelebriert, ist ganz feine Folkrock-Schule. Herrlich altmodische Duette, getrieben von akustischen Gitarren, Geigen und promillehaltigen Getränken. Man fühlt sich an The Pogues und Mumford & Sons erinnert. Die Live-Performance erinnert an Kirmesmusikanten. Junge Menschen zum Mitreißen gesucht? Dann hören Sie doch Skinny Lister. (ohne Wertung)

Die nach Sänger Brad Oberhofer benannte US-Band tarnt sich mit einem an Alpenmusik erinnernden Namen — auf dem Album " Time Capsules II" aber hört man, wohin die Reise geht. Zeitgemäßen Indiepop im Stile von The Drums oder MGMT spielen Oberhofer: Das ist im besten Sinne Sommersound, in seiner sonnigen Stimmung bestens aufgehoben auf Festivalbühnen. Zu schnittigen Gitarren-Trommel-Stücken gibt es hier die maximale Anzahl an "Ohhhs" und "Uuuuhs" und weit mehr Ohrwürmer, als die Musikkritik bisher bei Oberhofer zu entdecken bereit war. (4,5/5)

Die nordirische Band Two Door Cinema Club wurde für ihr Debüt "Tourist History" im Jahr 2010 bejubelt. Darauf hörte man schnittigen Elektrorock mit leichtem Melodien. Reich an Eingängigkeit war dieses Chart-Singles-Album. Vom neuen Werk "Beacon", das kurz nach dem Haldern-Festival erscheint, ist die Single "Sleep Alone" als kostenfreier Download erhältlich. Noch mehr Pop, noch mehr Hymne. (ohne Wertung)

Man weiß nicht, ob der Berliner Gitarrist, der sich als Helmut selbst zu seinem Gitarrenspiel gesanglich begleitet, wirklich Helmut heißt. Wer durch die Untiefen des Internets surft, lernt nur wenig mehr über diesen gelernten klassischen Gitarristen, der als Helmut Popmusiker wird und zum Gitarrenspiel tiefdunklen Gesang beisteuert. Laut Facebook findet er The Notwist gut und schaut gern Vögeln beim Fliegen zu. Zu den vier vorliegenden Tracks sagen wir nur: Gefällt mir. (ohne Wertung)

Mit gängigem Pop-Vokabular ist der Sound von Jaga Jazzist nicht greifbar. Das neunköpfige Ensemble aus Norwegen macht Nu-Jazz. Die bisherigen vier Alben klingen wie eine äußerst harmonische Orchesterprobe perfekt aufeinander abgestimmter Musiker, aber ohne Dirigenten. Mindestens 100 Ideen pro Lied — davon könnten andere Jahrzehnte Alben veröffentlichen. (ohne Wertung)

Tallin war mal europäische Kulturhauptstadt. Aus dem Hauptstädtchen Estlands kommt nun erstmals ein kultureller Beitrag nach Haldern. Ewert And The Two Dragons machen Indie-Pop, der wie aus dem Herzen Mitteleuropas klingt. Zu akustischer Gitarre singt das Duo schlichte Songwriter-Popsongs. (2,5/5)

Boris Lauterbach kennt man als "König Boris", Sänger des Rap-Trios Fettes Brot. Solo tritt dieser Mann nun als "Der König tanzt" auf. Unter diesem Alter Ego erlaubt er sich die Wiederbelebung längst vergessen geglaubter Stile — Neue Deutsche Welle ist zu hören, Schlager ebenfalls, dazu D.I.S.C.O. Wahrhaftig durchgeknallt, stets läuft aber alles auf riesige Ohrwurm-Refrains hinaus, die man so schnell nicht wieder vergisst. Die Inszenierung mag auch noch so schräg sein — Songs wie "Der König tanzt" haben Ewigkeitspotenzial. (4/5)

Wer auf der Mac-Tastatur "Alt" und "J" drückt, erhält ein grafisches Delta. Die Musik des Albums "An Awesome Wave" von Alt-J definiert sich in den Eckpunkten von Radiohead und Fleet Foxes. In den britischen Charts schoss das Werk gleich in die Top-20. Gefallen findet man hier schnell am a nasalen Gesang und am Flow, der alle Songs auszeichnet. Computerfolk könnte man dieses Genre nennen, wenn es nicht so absonderlich klänge, dass Rechner und Lagerfeuer miteinander harmonieren wollen. (4/5)

(RP/ila)
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