Zwei Jahre nach der Loveparade-Katastrophe "Warum sind unsere Kinder gestorben?"

Düsseldorf/Duisburg · Mit den offenen Schuldfragen, die zwei Jahre nach der Katastrophe noch immer der Beantwortung in einem Strafprozess harren, ist auch die Frage nach der dauerhaften Regulierung von Ansprüchen der Opfer und Hinterbliebenen ungeklärt.

Mahnwache zum zweiten Jahrestag der Loveparade-Katastrophe
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"Unsere Mandanten möchten eine ganz einfache Frage beantwortet wissen: Warum sind unsere Kinder gestorben? Die Frage muss beantwortet werden", sagt der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), der mit seinem Kanzlei-Partner Julius Reiter die Interessen von 92 Angehörigen und Opfern der Duisburger Loveparade vertritt.

Bisher habe die Staatsanwaltschaft den Opferanwälten keine Akteneinsicht gewährt, so Reiter, man werde weiterhin vertröstet. Baum: "Wir wollen endlich wissen was passiert ist. Diese Frage kann uns nur die Staatsanwaltschaft beantworten. Und daran besteht auch ein erhebliches öffentliches Interesse." Da die Veranstaltung offenkundig niemals hätte genehmigt werden dürfen, stelle sich die Frage nach den Konsequenzen. "Und zwar für die Stadt, den Veranstalter, aber auch den Grundstückseigentümer. Hat Aurelis sich einmal von Lopavent die Genehmigung und eine Endabnahme des Geländes zeigen lassen und sie geprüft? Kann die Haftung vielleicht auf die Hochtief-Tochter Aurelis zurückfallen?", fragt Gerhart Baum.

Bis zum vergangenen Sommer wurden aus Nothilfefonds des Landes 1,2 von 1,5 Millionen Euro ausgezahlt. Einzelne Loveparade-Opfer, die lange stationär behandelt werden mussten, erhielten 500 Euro pro Tag, bis zu 20 000 Euro pro Person wurden gezahlt. Eine weitere Million stellten Veranstalter Rainer Schaller und die Axa-Versicherung sorfort zur Verfügung, 500 000 Euro die Stadt Duisburg. Alle bisherigen Zahlungen erfolgten ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung. Im Frühjahr 2011 schlossen die Stadt Duisburg und Axa einen Vertrag zur Entschädigung der Opfer — ohne die Opfer und ihre Anwälte zu beteiligen. Axa sieht in der Regelung für die Betroffenen den großen Vorteil, bis zu einer Entschädigung nicht auf den Ausgang eines Strafverfahrens warten zu müssen. Aktuell rechnet die Versicherung mit rund 430 Betroffenen: "Darunter gibt es schwere Personenschäden genauso wie kleine Sachschäden", so Axa-Sprecherin Jessica Voß.

Was Axa in diesen Fällen jeweils zahlt, sagt die Versicherung unter Hinweis auf den Datenschutz nicht. Einzelne Opfer berichten dagegen von Beträgen unter 2000 Euro — auch bei Todesfällen. Axa zahlt, was das deutsche Recht vorsieht. Doch das deckt die tatsächlichen Folgekosten für die Betroffenen nicht ab. Hinterbliebene haben gegen den Haftpflichtversicher eines Veranstalters häufig keine eigenen Schmerzensgeld-Ansprüche. Auch deshalb wollen Baum und Reiter endlich wissen, wer die Haftungs-Gegner ihrer Mandanten sind und sich nicht mit freiwilligen Leistungen zufrieden geben.

Sie drängen darauf, eine Stiftung mit Landesbeteiligung zu gründen, um auch jenen helfen zu können, die sonst leer ausgingen. Das hat die Landesregierung bislang mit dem Hinweis abgelehnt, dazu nicht verpflichtet zu sein. Das könnte das ausstehende Strafverfahren ändern, wenn dann die Mitschuld der Polizei festgestellt werden sollte.

(RP/jco/sap/top)
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