Düsseldorf Kunden empört über Umgang mit "Führer-Quartett"

Düsseldorf · Das satirische Kartenspiel mit Diktatoren polarisiert nach wie vor - weil es jetzt neben der Kasse der Mayerschen Buchhandlung in Düsseldorf verkauft wurde. Dort gehöre es nicht hin, heißt es, aber das Produkt sei unverdächtig.

 So sehen die Karten beim Führerquartett aus.

So sehen die Karten beim Führerquartett aus.

Foto: Verlag

Adolf Hitler, Idi Amin und Kim Il-sung vereint auf dem Cover eines Kartenspiels, das auch noch den Namen "Führer-Quartett" trägt - das ist zu viel für Anna Lange (Name geändert). Der Mutter einer zehnjährigen Tochter will es nicht einleuchten, was drei der schlimmsten Tyrannen der Geschichte in einem Spiel zu suchen haben, vor allem aber, warum es prominent neben der Kasse der Mayerschen Buchhandlung in Düsseldorf angeboten wurde. "Das macht mich wütend", sagt die 50-Jährige. Von der Kasse ist das Spiel mittlerweile verschwunden, aber nicht aus dem Sortiment. "Das ,Führer-Quartett' ist eindeutig humoristisch satirisch angelegt", erklärt Andrea Weiß, Einkaufs- und Verkaufsleiterin der Mayerschen, "und damit für uns unverdächtig."

Tatsächlich existiert das Kartenspiel seit 2008 und sorgte damals für einigen Wirbel. Der damalige Berliner Innensenator Ehrhardt Körting nannte das Quartett "geschmacklos", etliche Medien griffen das Thema auf. Volker Oppmann, Erfinder des "Führer-Quartetts", das in seinem Verlag "Onkel & Onkel" erscheint, sah seine Strategie der gezielten Provokation aufgehen. "Mit rund 25.000 verkauften Exemplaren ist das unser Bestseller", sagt er. Dass sich Menschen zunächst über sein Produkt empören, kann er gut verstehen. "Ich würde mir eher Sorgen machen, wenn es jemanden völlig kalt lassen würde."

Die Idee kam Oppmann während seines Literaturstudiums. Bei Recherchen stieß er auf ein nationalsozialistisches Führerquartett, dass Personen aus der Heeresleitung darstellte. Um das zu konterkarieren, dachte er über ein Anti-Führer-Quartett nach, in dem es um Exil-Literaten gehen sollte. "Doch das schien mir zu verkopft", sagt er. Am Ende stand der Plan, alle "Schwarzen Peter" der Weltgeschichte zu versammeln und sie ironisch zu brechen. Die Kategorien sind launig, "Abführmittel" etwa bezeichnet den Umstand, der den jeweiligen Diktator zu Fall brachte, "Führungszeugnis" meint die Schulbildung. "Die Kategorien sind nicht einfach vergleichbar, es muss ausdiskutiert werden", erläutert Oppmann den Spielverlauf. Dazu gilt es, Tyrannen loszuwerden, nicht, möglichst viele zu versammeln. Sogar die Bundeszentrale für politische Bildung habe einige Spiele geordert - die Ironie sei also angekommen.

Auch bei der Mayerschen steht man zu dem Quartett. Solche auf den ersten Blick fragwürdigen Produkte würden vorab kritisch geprüft und gegebenenfalls zentral für den Einkauf gesperrt, erklärt Andrea Weiß. So wurde selbst der Satire-Bestseller "Er ist wieder da" über Hitlers Rückkehr nicht im Prospekt beworben, aus Rücksicht gegenüber sensiblen Kunden. Auch das Quartett gehöre normalerweise weder an die Kasse noch in die Kinderabteilung und sollte mit einem erklärenden Text versehen werden. In rund zehn Großstadt-Filialen wird es seit zwei Jahren verkauft - "sehr gut", wie Andrea Weiß sagt. Es bleibe daher auch weiterhin im Sortiment, mit der gebotenen Umsicht.

Anna Lange ist zwar zufrieden, dass das Spiel nicht mehr an der Theke liegt. Dass es in Buchhandlungen verkauft wird, hält sie dennoch für ungeeignet, um damit satirisch zu provozieren. Oppmann orientiert sich seinerseits am Erfolg seines Dauerbrenners. Die aktuelle Auflage, jetzt statt in einer Plastikhülle in einer umweltfreundlichen Pappschachtel, sei ausverkauft. "Wir müssen wieder nachdrucken."

(RP)
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