Düsseldorf Sky Dumont war überhaupt nicht langweilig

Düsseldorf · Unser Kritiker erlebte zum ersten Mal die "Rocky Horror Show". Im Capitol traf er 1000 Gäste, die ebenfalls alle bestens ausgerüstet kamen.

Große Erleichterung: Ich habe fast alles richtig gemacht. Beim Besuch der "Rocky Horror Show" im Capitol-Theater habe ich mich an die ungeschriebenen Gesetze gehalten, so wie die anderen 1000 Gäste auch. Im Abendgepäck also ein "Fanbag", eine Tasche mit der Rocky-Horror-Besucher-Grundausstattung: Konfetti für zwei Hochzeiten, Wasserpistole fürs Wasserspritzen bei der Panne von Brad und Janet, eine Rheinische Post als Kopfschutz gegen das Wasser von den 1000 anderen Wasserpistolen, ein Knicklicht für den Song "There's a light, over at the Frankenstein Place", eine Ratsche fürs Ratschen zwischendurch, ein roter Gummi-Handschuh für Franks Labor und dann noch eine Spielkarte für Franks Abschiedslied.

Mit dem Konfetti kam ich dann etwas durcheinander, denn die erste Hochzeit war viel später als im Film. Erst kurz vor der Pause wurde ich mein Päckchen los. Dann fehlte mir aber Konfetti für die zweite "Hochzeit" von Frank und seiner putzigen Muskelpackung Rocky. Und was ich überhaupt nicht schaffte, war es, den Erzähler anzuranzen. Sky Dumont im Smoking auf der Bühne, so seriös, so souverän, da konnte ich einfach nicht "langweilig" rufen, das mussten dann ein paar Hundert andere übernehmen. Und bei jeder Erwähnung von "Dr. Scott" böse zu grunzen, das habe ich auch nicht fertig gebracht. Dafür aber habe ich eine Nachbarin getröstet, die beim "Time warp" mittanzen wollte, aber traurig in der Reihe stecken blieb.

Alles andere aber habe ich richtig gemacht, und es war ein starker Abend, das muss man schon sagen. Supergute Live-Musik und neben der Show im Saal auch eine auf der Bühne. Ohne sich von dem Kultfilm in die Kopfbilder des Publikums zwingen zu lassen, hat Richard O'Brien auf seine eigene Inszenierung von 1973 im Londoner Royal Court Theatre zurückgegriffen. Natürlich mit jungen, erstklassigen Darstellern und stimmgewaltigen Sängern. Vor allem aber mit einem Hauptdarsteller Gary Tushaw, der hinter seiner tuntig-lüsternen Fassade eine verletzte Seele zeigt.

Was in der Bühnenversion fehlt, sind die berühmtesten roten Lippen der Filmgeschichte. Für den Eingangs-Song von der "Science Fiction Double Feature Picture Show" tritt jetzt Magenta vor den Vorhang, die Schlossdienerin von Transsylvania. Filme gibt es dennoch zu sehen, und zwar Schnipsel aus B-Movies der 30-er Jahre, mit denen die amerikanischen Kinobesitzer ihr Publikum in die Spätvorstellungen lockten. - Fazit eines begeisterten Rezensenten: Dieses Kult-Musical muss man einmal erlebt haben.

(RP)
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