Düsseldorf In die Zukunft mit Alain Bieber

Düsseldorf · Der neue Leiter des NRW-Forum Düsseldorf stellte sein erstes Programm vor. Ein Schwerpunkt ist die digitale Gegenwart.

Düsseldorf: In die Zukunft mit Alain Bieber
Foto: Ondro Ovesny

Alain Bieber läuft zu Beginn dieser Pressekonferenz etwas übertourig. Man merkt ihm an, dass er nun endlich beginnen möchte, anders machen, neu machen, machen. Seit acht Tagen ist er offiziell Leiter des NRW-Forum, da sei es an der Zeit, Bilanz zu ziehen, ob man die selbst formulierten Ansprüche erfüllen könne: "Butter bei die Fische", sagt er. Und weil er arg schnell spricht, reicht ihm jemand einen Zettel hin, auf dem steht, er möge doch etwas langsamer reden.

Alain Bieber hat bei der Zeitschrift "Max" gearbeitet, beim Kunstmagazin "Art" und beim Sender Arte. Er ist 36 Jahre alt, Sohn einer Französin und eines Deutschen, und aus dem NRW-Forum möchte er ein "Museum ohne Langeweile" machen, einen Ort, an dem digitale Trends aufgespürt werden. Es gehe ihm um zeitgenössische Kultur, sagt er. Ihn interessierten gesellschaftspolitische Themen, der Schnittpunkt von Popkultur, Mediendesign und Kunst. "So etwas war in Düsseldorf bisher nicht vorhanden." Bieber trägt einen schwarzen Pullover mit Stehkragen unter dem Sakko. Über seinem Kopf meint man eine Wolke stehen zu sehen, darin blitzt es, denn sie ist voller Ideen.

Das Pressegespräch gestaltet er dialogisch. Er hat sich Gäste eingeladen, die kommende Projekte mit ihrer Expertise unterstützen. So interviewt Bieber etwa Walter Smerling von der Stiftung Kunst und Kultur, mit dem er am 15. Mai die Ausstellung "China 8" über zeitgenössische Kunst aus China eröffnet. Er spricht mit Savria David, die das Forschungsprojekt "Streaming Egos" des Goethe-Instituts betreut. Sie wirkt mit an der sehr ambitioniert und spannend klingenden Schau "Ego Update" über die Zukunft der digitalen Identität.

Für diese Ausstellung, die am 18. September beginnt und wohl das erste Herzensprojekt Biebers ist, hat er Leute wie den Rapper MC Fitti eingeladen, der gern als lebendes "Selfie" bezeichnet wird. Bieber nennt weitere Namen von Künstlern aus einer Szene, die den meisten der Versammelten fremd sein dürfte. Er spricht mitreißend über Conventions, Barcamps, Hashtags und Footage, und obwohl das Bild abgegriffen ist, denkt man: Da brennt einer für das, was er tut. Eine Dame bremst Biber indes: Vorwurfsvoll fragt sie, ob sie nun Mitglied von Facebook werden müsse, um an Neuigkeiten des NRW-Forums zu kommen. Für sie ist vieles hier unverständlich, sie braucht Übersetzung. Sehr geduldig versichert Bieber, das sei nicht so. Man werde weiterhin auch Briefe schreiben. Die Frage zeigt indes, dass vielen erst verdeutlich werden muss, dass und warum aufregend ist, was Bieber vorhat.

Wie Bieber denkt, wohin er sein Haus führen könnte, wenn das Publikum sein Konzept annimmt, zeigt die wieder recht progressiv betitelte Veranstaltung "1 Up". Das ist ein Magazin für die Bühne, eine Infotainment-Performance für einen Abend. Künstler, Wissenschaftler, Kreative und Geschäftsleute sollen ihre Ideen vorstellen. Musik wechselt sich ab mit Kunst und Experiment, und Bieber will die monatlichen Veranstaltungen moderieren. Erster Termin ist der 18. April, dann treten etwa die Düsseldorfer Bands Stabil Elite und Bar auf.

In manchen Momenten dieser Programmvorstellung erinnert Bieber an einen Jungen, der merkt, wie toll das Spielzimmer ist, in das man ihn geführt hat. Es ist die beste Voraussetzung für diese Aufgabe. Und Bieber zeigt auch, dass er das an Klassischem orientierte Publikum nicht vergrätzen möchte - im Gegenteil. So ist für den Februar kommenden Jahres eine Ausstellung von Fotoarbeiten Horst P. Horsts geplant, jenes Modefotografen, der Mitte des vergangenen Jahrhunderts Marlene Dietrich und Rita Hayworth in Szene setzte und bei den aufwendigen Arrangements seiner Sets etwa von Salvador Dalí unterstützt wurde.

Es dürfte spannend werden mit Bieber und dem NRW-Forum. Wie man das Haus zum bedeutendsten Kulturforum der Welt machen könnte, fragte Bieber scherzhaft Erik Kessels, den niederländischen Agentur-Chef, der das neue Corporate Design des "NRW-Forum Düsseldorf", wie es jetzt genannt werden soll, gestaltet. Die Antwort: "Da kann ich ihnen nicht helfen, das muss von ihnen kommen."

(RP)
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