Düsseldorf Hetjens-Museum tanzt in die Zukunft

Düsseldorf · Das Keramik-Museum lässt wenig Wandel erkennen, doch hinter den Kulissen tut sich einiges. Es wird digitalisiert.

Das Hetjens-Museum steht in einem doppelten Ruf. Einerseits ist es weit und breit das einzige Museum, das sich über Spezialaspekte hinweg mit der internationalen Entwicklung der keramischen Kunst seit 8000 Jahren befasst. Andererseits ist es in seiner Innenarchitektur auf dem Stand der 90er Jahre stehen geblieben. Das erleichtert nicht gerade die Erschließung eines neuen, jungen Publikums. Zudem zählt Keramik nicht zu den beliebtesten Genres der Museumsgänger.

"Es ist ja nicht die richtige Kunst" - mit diesem Vorurteil sieht sich Museums-Leiterin Sally Schöne häufig konfrontiert. Dabei lässt sich dieser Einwand leicht widerlegen. Nicht nur Picasso hat die gute alte Töpferkunst mit seiner Hände Arbeit wirkungsvoll in die Moderne geführt.

Wenn man durch die Schausammlung des Hetjens-Museums streift, kann man angesichts der Gleichförmigkeit der Präsentation in aneinandergereihten Vitrinen rasch ermüden. In den Wechselausstellungen dagegen ist das Haus schon erheblich weiter. Oft veranschaulichen Inszenierungen, in welchem Zusammenhang keramische Objekte stehen - im Alltag, zu besonderen Anlässen oder in ihrer beabsichtigten Funktion.

Eine Zeit lang sah es so aus, als könnte sich das Museum erweitern und dadurch neue Akzente setzen, doch die ursprünglich dafür vorgesehene Immobilie wird inzwischen anderweitig genutzt. Stattdessen schreitet die Digitalisierung voran. Die 8000 Objekte, die nebenan im Depot an der Hafenstraße lagern, sind bereits elektronisch bei "d:kult online" erfasst und für jedermann im Internet abrufbar. "Das hat uns einen wahnsinnigen Sprung nach vorn gebracht", befindet Museumsleiterin Schöne. Die Datenbank umfasst Fotografien der Objekte und wissenschaftliche Erläuterungen. Die Stücke der Schausammlung werden zurzeit ebenfalls erfasst. Demgegenüber ist eine Digitalisierung in den Ausstellungsräumen noch kaum sichtbar. Sally Schöne macht aus ihren Vorbehalten keinen Hehl: Wenn sie in anderen Museen Kinder sieht, die von einem Laptop zum nächsten eilen und bloß zappen, dann kommen ihr Zweifel am Sinn solch vermeintlichen Fortschritts. Lieber setzt sie sparsam Videofilme ein, um zum Beispiel ein bestimmtes keramisches Herstellungsverfahren zu veranschaulichen.

Zurzeit wird im Keller des Museums umgebaut, auf dass der Sammlungsschwerpunkt "technische Keramik" besser zur Geltung kommt. Zwischen Isolatoren, Filtern und Zahn-Implantaten tut sich eine Welt nützlicher Keramik auf, von der sich die meisten kaum eine Vorstellung machen, die aber der Museumsleiterin zufolge womöglich eine Reihe neuer Berufe schafft. So lässt sich auch ein junges Publikum ansprechen. Noch in diesem Jahr soll die Abteilung in neuer Gestalt wiedereröffnet werden.

Noch etwas soll sich im Hetjens-Museum ändern: Sally Schöne beabsichtigt, die Schaustücke stärker nach Themen zu gliedern - also zum Beispiel quer durch Kulturen und Zeiten zu verfolgen, wie bestimmte Materialien verarbeitet wurden. Ebenso kann es aufschlussreich sein, afrikanische und altrömische Urnen nebeneinander zu präsentieren. Die Ängste der Menschen, so zeigt sich bei solchen Darbietungsformen, sind über Kontinente und Zeiten hinweg ähnlich. Krankheit und Tod werden seit je gefürchtet.

So soll sich also einiges ändern im Museum, doch die Leiterin gibt sich realistisch: Eine innenarchitektonische Umgestaltung würde Millionen kosten. Bei einem Jahresetat von einer Million bleibt das ein Wunschtraum.

Im Schnitt strömen jedes Jahr 25 000 Besucher ins "Hetjens". Das angesehene Leverkusener Museum Morsbroich (für moderne Kunst) lockt nur 15 000.

(RP)
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