Düsseldorf Ine Pothmann erlebte vier Überfälle mit

Düsseldorf · Die jüngsten Taten an der Kö wecken schlimme Erinnerungen bei der früheren Blome-Verkäuferin.

 "Die Bilder sind sofort wieder da – und das Angstgefühl auch": Ine Pothmann wurde in 30 Jahren beim Kö-Juwelier Blome von Räubern mit Pistolen und Messern bedroht.

"Die Bilder sind sofort wieder da – und das Angstgefühl auch": Ine Pothmann wurde in 30 Jahren beim Kö-Juwelier Blome von Räubern mit Pistolen und Messern bedroht.

Foto: Andreas bretz

Als sie die Bilder sah, vom Polizeiaufgebot und dem Hubschrauber über der Kö, die Fahndungsfotos der jungen Männer, die die Mitarbeiter bei Juwelier Blome mit einer Waffe bedroht hatten — da war alles wieder da. "Ich träume wieder davon, kann die Angst wieder spüren", sagt Ine Pothmann. Sie hat sich sogar Beruhigungspillen verschreiben lassen. Aber auch die können die Erinnerungen nicht verdecken.

Als Ine Pothmann 1968 bei Juwelier Blome anfing, da lag der bis dahin spektakulärste Überfall an der Kö sieben Jahre zurück. Vier Männer waren, mit Maschinenpistolen bewaffnet, aus Paris gekommen, hatten für 3,3 Millionen Mark Schmuck und Uhren geraubt. Sie waren gefasst und ein Jahr später verurteilt worden. Aber auch für Ine Pothmann und ihre Kollegen hatte die Tat Folgen: "Die Versicherungen gingen damals von einem Juwelier zum anderen, um uns zu verpflichten, bei einem Überfall immer der Regel ,Leben vor Ware' zu folgen."

Später hat sie bereut, dass sie sich damals verpflichtet hat, sich gegen Räuber nicht zur Wehr zu setzen. Jedes Mal, wenn wieder einer vor ihr stand. "Da steigt eine unbändige Wut in einem auf — am liebsten hätte ich die mit Sachen beworfen."

Ungefähr zehn Jahre dauerte es, bis sie diese Wut zum ersten Mal spürte. Dabei hatte sie schon, als der "Kunde" die Tür öffnete (damals ging das noch), geahnt, dass dieser, nicht mal vollständig angezogene Mann, der aussah wie ein Junkie, keine Uhr kaufen würde. Er zog eine Pistole, verlangte Bargeld und wurde kurz darauf im Kö-Center gefasst.

"Das hab ich damals noch weggesteckt, vielleicht auch, weil ich kommen sah, was passierte", sagt Ine Pothmann heute. Ein paar Jahre später aber hat ein Räuber sie überrumpelt, als sie gerade Kunden einige Uhren zeigte. "Danach hatte ich Angst vor der Kö", sagte Ine Pothmann. Und sie ertrug es nicht mehr, Auto zu fahren. "Da gibt es so viele Situationen, in denen einem plötzlich jemand zu nah kommt — das halte ich nicht aus." Bis heute hat sie sich nie mehr ans Steuer gesetzt.

Die Sicherheitsvorkehrungen wurden nach jedem Überfall verschärft, Glas verstärkt, der Eingang umgebaut. Doch Anfang der 90er Jahre standen wieder zwei Räuber im Geschäft, mit einer großen Pistole hielt einer Ine Pothmann und ihren Kollegen in Schach, der andere raffte die Uhren zusammen. "Das Geräusch, wenn die Uhren gegeneinander schlagen, das kann ich heute noch hören", sagt Ine Pothmann, die der achtlose Umgang mit den Luxusuhren weh tat.

Noch heute empört sie, wenn jemand sagt: "die sind doch versichert". Uhren wie diese, sagt die Fachfrau, "kann man nicht einfach ersetzen — es kann Jahre dauern, bis die Hersteller ein bestimmtes Modell neu liefern können. Da nutzt die Versicherung erst einmal nichts." Und den Schock und die Angst, die schlimmen Träume und das ungute Gefühl, das einen überkommt, wenn ein Fremder das Geschäft betritt — "wie wollen Sie sich denn dagegen versichern?"

Beim vierten Überfall kamen die Räuber zu dritt, mit Fleischermessern. Da hat sie den "Leben vor Ware"-Grundsatz fast über Bord geworfen und war den Räubern hinterhergerannt, zusammen mit dem Nachbarn Stefan Asbrandt. Die Täter entkamen allerdings.

"Wäre Polizei in der Nähe gewesen, hätte sie die fassen können", glaubt Ine Pothmann. Polizisten vor der Tür machten auch mehr Eindruck auf potenzielle Täter. "Eine staatliche Uniform ist ernstzunehmender als die Kluft eines Wachmanns." Von Sicherheitsschleusen, wie sie jetzt viele fordern, hält sie nichts: "Wenn die Täter nicht weglaufen können, nehmen sie womöglich Geiseln." Dass Räuber mit Schleusen gesicherte Juweliere meiden, glaubt Ine Pothmann nicht: "Die kommen trotzdem — sie wollen ja die edlen Uhren haben. Und die gibt es nun mal nicht an jeder Ecke."

(RP)
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