Hunde-Kolumne "Lotte in Lörick" Kann denn Pal ein Fehler sein?

Düsseldorf · Vorab eine Klarstellung: Der letzte Hund in der Familie ging vor knapp 20 Jahren den Weg allen Lebens, danach war es aus vielerlei Gründen nicht möglich, das Rudel wieder um einen Vierbeiner zu ergänzen.

Lotte in Lörick
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Zwei Jahrzehnte also, in denen an uns mehr oder weniger spurlos vorbeigegangen ist, wie sich das Zusammenleben von Hund und Mensch heute gestaltet. Von manchen Begegnungen beim Joggen ("Der will nur spielen!") abgesehen oder unangenehmen Kontakten per (meist geriffelter) Schuhsohle mit den Hinterlassenschaften anderer Vierbeiner gab's keine Berührungspunkte.

Hunde-Kolumne "Lotte in Lörick": Kann denn Pal ein Fehler sein?
Foto: Hans Onkelbach

Womit wir beim Thema Ernährung wären. Früher (wie das klingt!), gab's für die Hunde in der Familie die Reste vom Mittagstisch, später Pal oder Chappi aus der Dose, fertig. Gipfel des Luxus war, wenn man die Sorten wechselte. Gerochen hat das Zeug immer gleich . . .

Und heute? Das Sortiment im Tierfachhandel ist so umfangreich wie das für uns bei Rewe, es gibt so viele Futtersorten wie Sand am Meer: trocken, nass, zum Mischen oder als Ergänzung. Das Ganze in Säcken, Dosen, Tüten, lose und zum Abwiegen. Bei den Leckereien zum Kauen reicht die Vielfalt vom Schweineohr bis zur Pferdelunge, Snacks mit Mehl oder ohne, mit Reis oder Dinkel, groß, klein, dick, dünn, für den jungen, für den alten Hund.

Und mitten drin der neue Eigner, der hundemäßig noch geprägt wurde in einer Zeit, in der Bello das bekam, was der Mensch aß — und damit auch groß, stark und vor allem alt wurde. Großes Kino, Mann fühlt sich wie im Schuhladen für Damen - überwältigt von der Masse des Angebots. Und immer die Frage im Kopf: Wer braucht das alles?

Ganz klar — der Hund. Denn alles ist anders als vor Jahren erlernte Beispiele? Bitte sehr: Der Junge Hund darf nicht zu viel Protein kriegen. Dann wächst er zu schnell.

Aha — noch schneller? Ja, das ist schlecht für die Knochen. Hoffentlich wissen die Füchse im Wald das auch. Dann: Anfangs kein Getreide — schlecht für den Darm. Oder war es der Magen? Die Kauknochen dürfen nicht zu hart sein. Das schadet dem jungen Gebiss und dem folgenden auch. Selbiges wird nämlich dann schief. Wer allerdings erlebt, wie die Kleine mit ihren angeblich so empfindlichen Zähnen alles perforiert, was nicht auf anderthalb Meter Höhe in Sicherheit gebracht wurde, der wird sich fragen: Weiß sie, wie schädlich das angeblich für ihre nadelspitzen Beißerchen ist? Offenbar nicht. Oder es ist ihr egal.

Und auch die Ernährungsfrage sieht sie locker. Sie frisst nämlich alles, was ihr auch annähernd fressbar zu sein scheint. Bisher kam alles, entsprechend verwertet, hinten wieder raus. Und zwar so oft und in solchen Mengen, dass Proktologen ihre helle Freude haben würden. Und zur Verstopfung neigende Zweibeiner neidisch gucken. Manche Dinge nimmt sie zu sich, von denen wollen wir gar nicht wissen, was sie vorher waren — leider gelingt es nicht immer, rechtzeitig einzugreifen. Mit der Zeit wird man in diesen Dingen fatalistisch. Das gilt auch für Ausscheidungen gasförmiger Art, deren Intensität in keinerlei Verhältnis zu dem zierlichen Körper stehen.

Apropos eingreifen: Wir tun es rigoros, jedenfalls so oft wir die Chance haben.

Die zentrale Frage aller Menschen mit Hund - ins Bett oder nicht — haben wir mit einem klaren Nein beantwortet. Alle, die keinen Hund haben, atmen jetzt tief durch und mögen das nicht glauben — aber es ist so: Der Anteil der Zweibeiner, die es völlig normal und sogar schön finden, wenn ihr bellender Freund abends mit in die Laken hüpft, ist höher als man denkt und es die Betroffenen zugeben.

Ein Verbot jedoch will durchgesetzt sein: Denn der Hund, er ist ein Rudeltier. Und will nahe sein an seinem Rudel, vor allem nachts, wenn es dunkel und kalt ist. Also jault er jämmerlich, und dem zu widerstehen, dagegen ist jede andere Form von Enthaltsamkeit das pure Kinderspiel. Gibt man dem Tierchen aber nach, dann ist es vorbei mit trauter Zweisamkeit auf den Kissen, das pelzige Etwas übernimmt den Körperkontakt und macht sich lang, breit und dick — kann man wollen, muss man aber nicht.

Reden wir über weitere Regeln. Wer sie aufstellt, der muss sie konsequent durchsetzen, haben wir gelernt — die lieben Tierchen sind nämlich sehr schlau, merken sofort, wenn da einer rheinische-großzügig schon mal fünf gerade sein lässt. Das wird umgehend ausgenutzt und am Ende turnen einem Dackel, Pudel und Co buchstäblich auf dem Kopf herum. Kann man auch wollen, sollte man aber nicht.

Schon aus reiner Notwehr setzen wir auf Konsequenz. Denn Lotte wird, wenn sie mal ausgewachsen ist, rund 25 Kilo wiegen — und schon jetzt ist absehbar, welche Energie in diesem Kraftpaket stecken wird. Zudem soll sie ihren Herrn bei der Jagd begleiten und ihm helfen. Das ist mit einem Anarcho-Hund schlicht unmöglich. Und schon jetzt merken wir, wie angenehm es ist, einen gehorchenden Begleiter zu haben. Kein Jogger wird angesprungen, kein Fahrrad verfolgt, auch ohne Leine bleibt er in der Nähe und kommt auf Doppel-Pfiff sofort zurück. Meistens.

Leider ist das nicht nur die Folge der Regelsetzung, sondern auch des Folgetriebs, den junge Hunde haben: Genetisch sind darauf programmiert, lange beim Rudel zu bleiben, weil das ihr Überleben sichert. Werden sie älter, erlischt dieser Trieb — und dann greifen nur noch die Regeln. Hoffen wir! Im Augenblick aber funktioniert es, gerne und verstärkt durch winzige Hundekuchen, von denen jeder von uns in der rechten Jackentasche stets einen Vorrat bei sich trägt.

Das simple Prinzip "Wer gehorcht, wird belohnt!" klappt, der Hund hat es verstanden.

Verstehen geht übrigens auch ohne Kommandos oder Pfiffe. Das wissen wir, seitdem wir Jochen, den Hundeflüsterer kennenlernten. Einmal die Woche gönnen wir uns eine Lehrstunde mit ihm und Lotte. Und was wir zuerst begriffen: Nicht der Hund wird ausgebildet, sondern der Mensch. Denn Jochen ist fest davon überzeugt, dass der Hund schon alles kann, aber der Mensch nicht. Heute, nach einigen Stunden mit ihm, muss ich zugeben: Er hat recht.

Lotte zu erleben, wie sie auf ihn, den eigentlich völlig Fremden, reagiert — das hat etwas Unglaubliches, fast Magisches. Sie hat mächtig Respekt vor ihm, aber keine Angst. Sie reagiert bei ihm auf Körperbewegungen und Handzeichen. Sie registriert , wenn er denn spricht, seinen Tonfall - und verblüfft stellten wir fest, dass wir vieles falsch gemacht hätten, wenn wir nicht von Anfang an bei Jochen in der Ausbildung gewesen wären.

Auch hier gilt: Es ist im Prinzip ganz einfach, man muss es nur wissen und umsetzen.

Davon später mehr

(ho-)
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