Immer noch kein Strafprozess gegen Firma IST Wird der Skandal nie aufgeklärt?

Immer noch kein Strafprozess gegen Firma IST · Von Chris Stoffels

Von Chris Stoffels

Bleibt einer der größten Umweltskandale in Dormagen ungesühnt? Das Unternehmen IST in St. Peter steht seit 1994 in dem Verdacht der umweltvergiftenden Abfallbeseitigung, Betrug und Urkundenfälschung in großem Stil. In mühsamer Kleinarbeit trugen Polizei und Staatsanwaltschaft 630 Ordner belastendes Material zusammen. Doch zu einem Prozess ist es bislang nicht gekommen.

Die Staatsanwaltschaft hat Anklage erhoben. Die Sache liegt beim Landgericht - im nächsten Jahr droht Verjährung. Rückblende: St. Peter, Koloniestraße 1994. Ein angeblich sauberes Unternehmen gerät in die Schlagzeilen. Sein Name: Institut für Sicherheitsforschung und Umwelttechnik (IST). Heute zu finden ist dieses Unternehmen mit dem feinen Namen vor allem unter dem Aktenzeichen 111/Js 610/94.

In dreijähriger Ermittlungsarbeit haben die Umweltexperten des Kommissariats 11 in Neuss ungezählte Dokumente zusammen getragen, die sie bei Durchsuchungen der Firmenräume fanden, haben Zeugen befragt, die Ergebnisse von Probebohrungen auf dem Firmengelände dokumentiert. Jetzt verstauben die 630 Ordner in Schränken des Düsseldorfer Landgerichts. Staatsanwalt Johannes Mocken am Donnerstag auf Anfrage der NGZ: "Die Akten liegen beim Landgericht Düsseldorf. Wir haben Anklage erhoben und die Sache dem Landgericht übergeben, damit es dort zur Verhandlung kommt."

Seitdem ist nichts geschehen. Doch die Zeit drängt: Im kommenden Jahr verjährt die Sache. Mit einem kurzen Prozess ist ohnehin nicht zu rechnen: Die Firmen-Verantwortlichen bestreiten die Vorwürfe. Im Landgericht landete die Sache - mittlerweile mit dem Aktenzeichen I/5/03 - bei einer Wirtschaftsstrafkammer. Die sah sich wegen Arbeits- und Terminüberlastung nicht in der Lage, den Prozess durchzuführen - und gab ihn an eine andere Kammer ab. Dort ist nach Angaben von Landgericht-Pressesprecher Dr. Ulrich Thole noch kein Prozess terminiert.

Per 16. Mai wurden die Akten dann nach Angaben von Dr. Thole erneut von der Staatsanwaltschaft angefordert - offenbar um den Stand des Verfahrens zu überprüfen und möglicherweise die Verjährung zu verhindern. Auf umweltgefährdende Abfallbeseitigung, Betrug und Urkundenfälschung lautet die Anklage. Dahinter verbirgt sich der Verdacht auf eine üble Masche. So soll sich das Unternehmen auf die Beseitigung von verseuchtem Erdreich spezialisiert haben, zum Beispiel der Aushub von Tankstellen.

IST soll nach Angaben der Ermittler Aufträge übernommen haben, dieses Erdreich für durchschnittlich 250 Mark pro Tonne auf eine Deponie in Hessen zu bringen. Das Geld gezahlt wurde zum Beispiel von Tankstellen-Versicherungen. Tatsächlich wurde jedoch ein Teil des Erdreichs auf dem Firmen-Gelände an der Koloniestraße ohne Genehmigung zwischengelagert und anschließend auf dem Firmengelände für die Betonherstellung verwendet, so das Ergebnis der Ermittlungen.

Das Areal ist Wasserschutzzone. Insgesamt wurden auf diese Weise nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft in St. Peter 750 Tonnen hergestellt und unter anderem in Löcher im Erdboden des Firmengeländes versenkt. Der Beton aber wies nach einiger Zeit chemische Reaktionen auf. Dieses System flog auf, nachdem die Stadt Aachen auf Unregelmäßigkeiten bei der Entsorgung von verseuchtem Erdreich auf einer hessischen Deponie festgestellt hatte.

Das Unternehmen arbeitete mit Niederlassungen in St. Peter, Halle, Ahrensfelde bei Berlin, Bous bei Saarbrücken und in Leipzig. Anders sieht es das Unternehmen und seine Verantwortlichen. Das Institut bestreitet alle Vorwürfe energisch. Nur ein Prozess könnte der Wahrheit näher kommen.

(NGZ)
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