Reitanlage Hökendyk in Krefeld 15-Jähriger stirbt durch Pferde-Tritt

Krefeld · Ein Reitturnier in Krefeld ist von einem Unfall überschattet worden: Ein Junge, der ein Pferd am Zügel zum Abreiteplatz führen sollte, wurde von einem vorauslaufenden Pferd getreten und starb an den Folgen. Der Neusser liebte den Reitsport: In drei Wochen wollte er sein erstes Turnier reiten.

 Der Ort des Unglücks am Tag danach: An dieser Stelle auf der Anlage am Höhendyk im Hülser Bruch wurde der 15-Jährige laut Angaben der Polizei von den Hufen eines Pferdes getroffen. Der Schüler starb später im Krankenhaus.

Der Ort des Unglücks am Tag danach: An dieser Stelle auf der Anlage am Höhendyk im Hülser Bruch wurde der 15-Jährige laut Angaben der Polizei von den Hufen eines Pferdes getroffen. Der Schüler starb später im Krankenhaus.

Foto: Lammertz, Thomas

Das Dressur- und Springturnier in Krefeld soll in wenigen Minuten beginnen. Helfer führen die Pferde kurz nach 7 Uhr hintereinander zum Parcours. Auch der 15-jährige Sebastian S. läuft mit einem Pferd, das er am Zügel hält, zunächst Richtung Abreiteplatz, auf dem die Pferde kurz vor dem Start vorbereitet werden. Das Pferd vor ihm in der Reihe keilt plötzlich aus und trifft den Jungen mit den Hufen, berichten Augenzeugen später der Polizei. Der Neusser Schüler schleudert demnach mehr als zwei Meter durch die Luft und bleibt bewusstlos liegen. Auf dem Weg ins Krankenhaus stirbt er. Das dreitägige Turnier in Krefeld, an dem nach Angaben der Veranstalter 800 bis 900 Pferde teilgenommen haben, wird dennoch fortgesetzt.

Die genauen Umstände des Unglücks, das sich auf der Anlage am Höhendyk im Hülser Bruch ereignete, waren bis Sonntag Abend unklar. Die Polizei will am Montag nähere Einzelheiten bekanntgeben. Auch der Pferdesportverband Rheinland, dem Sonntag noch kein offizieller Turnierbericht vorlag, wollte sich zunächst nicht dazu äußern.

Verkettung unglücklicher Umstände

Fest steht bisher: Sebastian S. hatte, wie bei solchen Anlässen üblich, die Aufgabe übernommen, eines der Pferde zu dem Platz zu führen. Bisher habe es in dieser Phase keine schlimmen Unfälle gegeben, sagt Stephan Derks, Sprecher des Pferdesportverbandes Kreis Kleve. "Wir haben es hier sicherlich mit einer Verkettung unglücklicher Umstände zu tun." Manchmal reiche ein Geräusch aus, damit ein Pferd erschrickt und auskeilt.

Pferde, die häufig auskeilen, müssen auf Turnieren mit einer roten Schleife im Schweif gekennzeichnet werden, damit Teilnehmer und Besucher gewarnt sind. Ob das erst vier Jahre alte Pferd, das Sebastian S. den tödlichen Tritt verpasste, eine solche Schleife trug, ist nicht bekannt. Laut Polizei sei das Tier nervös gewesen. "Wenn so ein Pferd nach vorne zieht, kann es nicht mehr gehalten werden", sagte ein Sprecher.

Über den Unfall des Jungen gab es zunächst widersprüchliche Angaben. So berichtete etwa Springreiter Dennis Tolles (30), nach der Erstversorgung am Unfallort habe es geheißen, der Junge atme selbstständig und werde versorgt. "Ich habe gedacht, das kommt wieder in Ordnung", sagte Tolles am Sonntag. Um so größer sei der Schock gewesen, als er vom Tod Sebastians erfuhr. Zu Irritationen führten auch verschiedene Zeugenaussagen, wonach der Junge gar nicht von einem Pferd getreten worden sei. Man habe, so hieß es, keine Verletzungen an dem Bewusstlosen entdeckt. Für die Polizei ist das nichts Ungewöhnliches: Stumpfe Gewalteinwirkung hinterlasse nicht immer äußere Spuren. Eine Obduktion soll heute Klarheit über die Todesursache bringen.

Schweigeminute für Sebastian S.

Sebastian S. stammt aus einer bekannten Neusser Schützenfamilie; die Nachricht von seinem Tod machte in der Stadt rasch die Runde: Betroffenheit, Trauer und Anteilnahme gegenüber der Familie sind groß. Was die Fassungslosigkeit noch vergrößerte, war der Umstand, dass Sebastian mit Pferden umgehen konnte: Seit drei Jahren, so berichtet Springreiter Tolles, sei der Junge täglich mit Pferden umgegangen; er hatte das Große Reitzeichen und wollte in drei Wochen sein erstes Turnier reiten. Am Samstagmorgen habe Sebastian das ihm anvertraute Pferd für den Wettbewerb vorbereitet und geritten, bis Wettkampfrichter ihn aufgefordert hätten abzusteigen. "Hätte er auf dem Pferd gesessen, wäre das weit weniger gefährlich gewesen", sagt Tolles. So aber musste Sebastian das Pferd zu Fuß führen — "die Statuten sehen das so vor", sagt der Reiter.

Nachdem der Tod des Jungen bekannt wurde, diskutierten die Veranstalter kurzzeitig über einen Abbruch des Turniers. "Unser erster Gedanke war natürlich, das Turnier abzusagen", sagte Stephanie Weller, Vorsitzende des Krefelder Reit- und Fahrvereins. Die Nachricht sei ein Schock gewesen, betonte sie. "In Absprache mit dem Richterkomitee, unserem Landesverband und da der Unfall nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem eigentlichen Turniergeschehen stand, haben wir uns im Interesse der zahlreichen Teilnehmer zur Weiterführung entschlossen", sagte sie weiter.
Allerdings sei bei Siegerehrungen auf Musik verzichtet worden, und Sonntag habe die Turniergemeinde in einer Schweigeminute Sebastian S. gedacht.

(rm/pst/top/ila)
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