Segeln auf dem Göta-Kanal in Schweden Mit der Yacht die Treppen rauf

Mem (RPO). Harte Arbeit auch für eine schnelle Yacht: Fast 92 Meter muss sie klettern und 58 Schleusen durchfahren. Auf dem schwedischen Göta-Kanal schippert sie so von Mem an der Ostsee 190 Kilometer weit bis nach Sjötorp am Vänersee.

Mit der Yacht durch den Göta-Kanal
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Die Mannschaftsbesprechung auf der "Nivius" verläuft etwas anders, als vor einem Segeltörn üblich. Während sich Chartercrews sonst vor dem Auslaufen vor allem über das Fahrtgebiet, die Häfen, Wind und Wetter austauschen, steht hier eine Umlenkrolle im Mittelpunkt. Skipper Matthias hält sie in der Hand und erklärt, was er damit vorhat: Die Rolle soll dabei helfen, die vordere Festmacherleine bei Schleusenmanövern in Position zu halten - und davon stehen der Crew etliche bevor.

Es geht 190 Kilometer weit auf dem Göta-Kanal durch Schweden: von Mem an der Ostsee über den Roxen- und Vättersee bis nach Sjötorp am Vänersee. Dabei muss die "Nivius" 91,8 Meter Höhenunterschied überwinden und 58 Schleusen passieren. Das ist nicht gerade die typische Route für eine schnelle Yacht. Die elf Knoten Fahrt, mit der das Schiff vom Typ Sun Fast 37 am Nachmittag durch die Wellen der Ostsee gepflügt ist, dürften vorerst nicht mehr drin sein. Im Göta-Kanal ist langsames "Motoren" angesagt - also Fahrt mit Maschinenkraft, was Segler gar nicht schätzen.

Allerdings gelten die schwedischen Seen als Revier-Geheimtipp. Und die Schleusenmanöver sind auch nicht zu unterschätzen. Dem Skipper ist deshalb vor der Einfahrt in den Kanal die Instruktion der Crew so wichtig. Beim Aufwärtsschleusen wirkten durch das einströmende Wasser gewaltige Kräfte, erklärt er den Mitseglern: "Es ist daher ganz wichtig, dass die Yacht immer gut festgemacht ist. Die Strömung drückt sie sonst mit Wucht gegen das Schleusentor."

Damit das nicht passiert, werden die Vor- und die Achterleine an Ringen an der Schleusenkante befestigt. Hier kommt nun die Umlenkrolle ins Spiel, erklärt Matthias: Mit ihrer Hilfe und einer Winsch wird die Vorleine straff gehalten. Nachdem die Mannschaft dieses Vorgehen im Vorhafen von Mem einige Male geübt hat, steuert Matthias die "Nivius" vorsichtig in die erste Schleuse.

Mitsegler Alexander springt an Land, um die Leinen festzumachen. Dann öffnet der Schleusenwärter die Klappen - sofort wird es laut: Tausende Liter Wasser tosen durch das obere Tor und bilden im Becken große Strudel. Die Strömung zerrt an der Yacht und drückt den Bug hin und her, während der Wasserspiegel steigt. Als sich die Wasserstände ausgeglichen haben, wird es wieder ruhig. Das obere Tor öffnet sich, die Mannschaft der "Nivius" wirft die Leinen los und tuckert weiter.

58 Schleusen mit wilden Strudeln

Eine von 58 Schleusen ist geschafft, rund drei Meter sind gegenüber dem Meeresspiegel gutgemacht - jetzt sind es nur noch 88,8 Meter bis zum Gipfel der Kanaltour. Einige Kilometer weiter ist die Fahrt für diesen Tag dann jäh zu Ende: Es ist 18 Uhr, die Wärter haben Feierabend. Mitten im schwedischen Hinterland, an einem Steg vor einer Kuhweide, muss die "Nivius" festmachen.

Am Morgen darauf geht es früh weiter. Nach einigen Kilometern Fahrt ist der Roxensee erreicht - endlich Gelegenheit, mal wieder die Segel zu setzen. Es herrscht eine mäßige bis frische Brise, und die "Nivius" gleitet flott durch die Wellen. Gegen den Wind kreuzend nimmt die Crew nun Kurs auf Berg am Westufer des Roxen. Ein anspruchsvoller Kurs, wie sich zeigt. Denn es gibt im Roxen wie in den übrigen schwedischen Seen unzählige Untiefen.

Nach einigen Stunden ist Berg am Horizont auszumachen. Aus der Ferne sind Mauern und mächtige Tore zu erkennen - die Schleusentreppe von Berg. Sieben Schleusenkammern reihen sich hier aneinander, um einen Höhenunterschied von 18,8 Metern auszugleichen. Diese Treppe muss die "Nivius"-Crew erklimmen - mit der Yacht. Ist eine Kammer geschafft, geht es gleich in die nächste. Doch irgendwann erscheint der Roxensee beim Blick zurück ziemlich tief unten. Das letzte Tor öffnet sich, die Treppe ist erklommen und der Skipper zufrieden: "Beim Schleusen macht uns jetzt keiner mehr was vor."

Bei Forsvik wird schließlich der höchste Punkt der Reise passiert. Danach geht es auf dem Göta-Kanal bis Sjötorp nur noch abwärts, was das Schleusen nun einfacher macht. Die Vor- und Achterleinen müssen mit dem sinkenden Wasserpegel nur "gefiert", also nachgeführt werden, sonst würde sich die Yacht in der Schleuse aufhängen.

Kurz vor Ende der Reise ist der "Nivius"-Mannschaft dann noch ein besonderer Höhepunkt vergönnt. Der Wind weht schwach von achtern, auf dem Kanal ist gerade kein Verkehr. Skipper und Co-Skipper schauen sich kurz an. "Los, lass uns die Genua setzen", sagt Matthias. Mit ein paar Handgriffen ist das Vorsegel hochgezogen, der Motor abgestellt - und lautlos gleitet die Yacht nur von der Windkraft gezogen über den Göta-Kanal. Der Skipper grinst triumphierend in die Runde. "Na, wer hat gesagt, im Kanal kann man nicht segeln?"

Informationen: Visit Sweden, Stortorget 2-4, SE-83130 Östersund, Schweden Fax aus Deutschland: 0046/63/12 81 37; für Informationen in Deutschland Tel.: 069/22 22 34 96, E-Mail: germany@visitsweden.com

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