Kuchen und Cash Bargeld ziehen in Supermarkt und Tankstelle

Düsseldorf (RPO). Aus dem Urlaub kennen zahlreiche Bankkunden es schon. Und auch in Deutschland ist das Geldabheben an der Supermarktkasse jetzt auf dem Vormarsch. Immer mehr Supermärkte und Banken bieten diesen Service in Zusammenarbeit an und ersparen Kunden so den Gang zum Geldautomaten.

 Neuer Service: Kunden der Postbank können jetzt auch an bestimmten Tankstellen Bargeld bekommen.

Neuer Service: Kunden der Postbank können jetzt auch an bestimmten Tankstellen Bargeld bekommen.

Foto: tmn

"Möchten Sie auch noch Bargeld?" In Australien und Norwegen sei diese Frage beim Einkaufen absolut üblich, sagt Mandy Lohde, Pressesprecherin der Sparkasse Meißen bei Dresden. Auch im Landkreis Meißen werde nun nach dem klassischen "Darf es noch etwas mehr sein?" immer öfter auch Bargeld angeboten. Wer zum Beispiel in Leulen beim Bäcker sein Brot bezahlt oder im Dorf Brockwitz beim Metzger Fleisch holt, kann sich zusätzlich mit Cash eindecken.

Seit diesem Jahr bietet die Sparkasse Meißen in Kooperation mit sieben örtlichen Einzelhändlern den Service an. Der Betrag wird in bar aus der Ladenkasse ausgezahlt und per Lastschrift vom Konto abgebucht. "Eine Mindest-Einkaufsumme gibt es nicht", erläutert Lohde. Kunden können aber maximal 200 Euro pro Tag abheben.

"Auf die Idee kamen wir, als im Rahmen einer Standortreform einige Filialen geschlossen wurden", fügt Lohde hinzu. Um die Bargeldversorgung in der ländlichen Region sicherzustellen, setzten sich die Banker mit den örtlichen Einzelhändlern zusammen und entwickelten das "Agenturmodell" nach ausländischem Vorbild.

Auch die Postbank will "weiße Flecken" auf ihrer Landkarte von Standorten ausmalen: Sie startete im Juli ein Pilotprojekt mit Shell-Tankstellen. "Bedienter Geldautomat" heißt das Verfahren, das zunächst in Hamburg aufgelegt wurde. "Sie zahlen erst die Tankrechnung und heben dann noch 150 Euro ab", erklärt Sprecher Ralf Palm in Bonn das System. Auf dem Kontoauszug erscheinen zwei unabhängige Posten - die Tankrechnung und die Abhebung. Allerdings ist das Tanken kein Muss. "Sie müssen nichts kaufen und nicht tanken, um Geld abheben zu können."

Der "bediente Automat" funktioniert wie der klassische Geldautomat mit Bankkarte und PIN-Geheimnummer. Das Tageslimit liegt bei 1000 Euro. "Geld tanken" können zunächst nur Postbankkunden. Laut Palm ist zwar geplant, den Service auch für Kunden anderer Geldinstitute zu öffnen. "Wahrscheinlich müssen diese für die Transaktionen aber Gebühren zahlen, wie bei der Abhebung an anderen Fremdautomaten auch."

Mit der neuen Bargeldfunktion ist die Postbank kein Vorreiter. In Supermärkten der Rewe-Gruppe etwa können Kunden schon seit 2003 in einigen Filialen Geld abheben. Jüngst hat die Supermarktkette den "Cashback"-Service - zu deutsch "Bargeld-zurück-Service" - ausgeweitet. "Seit Dezember bieten wir diese Dienstleistung in rund 3000 inländischen Rewe-Supermärkten und in den mehr als 2000 Discountfilialen von Penny in Deutschland an. Nahezu alle Märkte machen mit", sagt Sprecher Stefan Mechnig von der in Köln ansässigen Unternehmensgruppe.

Bei welcher Bank der Kunde sein Konto hat, spielt für die Teilnahme am Verfahren keine Rolle. "Alle Kunden mit EC-Karte" können nach Worten von Mechnig den Service nutzen, mehr als Bankkarte und PIN sind nicht notwendig. "Gebühren fallen keine an." Voraussetzung ist allerdings, dass der Kunde für eine Mindestsumme einkauft. Bei Rewe liegt diese bei 20 Euro, bei Penny bei 25 Euro. "An der Kasse lässt er sich den Abrechnungsbetrag erhöhen und bekommt die zusätzliche Summe ausbezahlt", erklärt Mechnig. "Auf dem Kontoauszug des Kunden erscheint eine Gesamtsumme. Das heißt, der Einkaufs- und der Auszahlungsbetrag werden nicht gesondert aufgeführt."

Peter Lischke von der Verbraucherzentrale Berlin bemängelt die fehlende Transparenz in diesem Fall. Es sei einmal mehr Eigenverantwortung gefragt: "Lassen Sie sich einen Kassenbon aushändigen und vermerken Sie direkt, dass es sich um eine Barauszahlung handelt." Er rät außerdem, sich vorab genau die Konditionen anzusehen: Einige Anbieter verlangten teils hohe Gebühren. Bis zu zehn Euro könnten fällig werden. "Wenn man nur 50 oder 100 Euro abhebt, kann das schon teuer werden."

Das gelte umso mehr, da die einzelnen Systeme variieren. Eine bundeseinheitliche Regelung ist vorerst nicht in Sicht. "Es gibt für Banken erhebliche höhere gesetzliche Anforderungen als für den Einzelhandel", so lautet die Begründung von Steffen Steudel, Sprecher des Bundesverbandes der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken in Berlin, der aktuell die Federführung im Zentralen Kreditausschuss (ZKA) der deutschen Kreditwirtschaft innehat. Auch der in Berlin ansässige Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) hat aufgrund der strengen Auflagen derzeit noch keine gemeinschaftliche Lösung in petto.

(tmn/asl)
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