Düsseldorf Wie Bankkunden Geld zurückbekommen

Düsseldorf · Wenn sich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Geldhäuser ändern, gilt das Schweigen der Kunden nicht automatisch als Zustimmung. Das hat Folgen. Verbraucher könnten womöglich Geld zurückfordern.

                     

                    

Foto: dpa/Angelika Warmuth

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs zu Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Banken und Sparkassen Ende April scheint klar: Viele Kunden der Institute können von ihrer Bank zu viel gezahlte Gebühren aus den vergangenen Jahren zurückverlangen. Im schlechtesten Fall könnte das Urteil manche Institute die Hälfte ihres Gewinns kosten, schätzte am Dienstag die Finanzaufsichtsbehörde Bafin. So kommen Kunden an ihr Geld.

Was sagt das Urteil aus? Banken können ihren Kunden neue Geschäftsbedingungen mit schlechteren Konditionen nicht einfach überstülpen. Wenn sie Klauseln verwenden, die ein Schweigen des Kunden als Zustimmung werten, sind diese Klauseln unwirksam. Begründung: Die Bank könnte das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung erheblich zu ihren Gunsten verschieben. Für so weitreichende Änderungen wäre aber ein Änderungsvertrag notwendig, so der BGH.

Was heißt das für betroffene Kunden? Viele Institute haben in der Vergangenheit über solche Änderungen der Geschäftsbedingungen beispielsweise die Preise für die Führung der Girokonten erhöht. Solche Anhebungen wären dann unwirksam gewesen. Kunden könnten Geld zurückverlangen.

Zeitlich unbegrenzt? Nein. Forderungen gegen die Bank können Kunden nur rückwirkend bis zum 1. Januar 2018 geltend machen. Das Recht auf Erstattung von möglicherweise zu viel gezahlten Beiträgen vor diesem Stichtag ist verjährt.

Sind alle Geldhäuser betroffen? Auf jeden Fall sehr viele. Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil im Rechtsstreit zwischen Verbraucherschützern und der Postbank gefällt, aber die meisten Banken und Sparkassen verwenden inhaltlich identische Klauseln. Insofern sind vermutlich sehr viele Geldhäuser und Kunden betroffen. Zu ihnen gehört die Commerzbank, die beispielsweise ihr unentgeltliches Girokonto abschaffen will.

Was bekommt man zurück? Haben Banken zu Unrecht Gebühren von Kunden kassiert, müssen sie Gebühren plus Zinsen zurückzahlen. Die Höhe der Zinsen richtet sich in der Regel nach dem Zinssatz für Verzugszinsen und dem aktuellen Basiszinssatz. Derzeit könnten Kunden etwas mehr als vier Prozent an Zinsen verlangen.

Zahlen die Banken automatisch? Darauf sollte man sich nicht verlassen. Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, dass Geld oft erst dann fließt, wenn der Kunde seine Forderungen geltend macht.

Wie geht man am besten vor? Zunächst einmal sollte jeder sorgfältig prüfen, ob er von dem Urteil betroffen ist. Ein einfacher Weg: Man lässt sich von seiner Bank eine Entgeltaufstellung geben. Dazu ist das Institut nach Paragraf 10 des Kreditwesengesetzes verpflichtet. Anhand der eigenen Kontoauszüge kann man sehen, wann und in welchem Ausmaß Gebühren eventuell gestiegen sind. Aber: In den eigenen Unterlagen sollte man auch genau hinschauen, ob man den Veränderungen nicht doch zugestimmt hat. Nur wenn das nicht der Fall ist, sind die Erhöhungen unzulässig gewesen. Die Stiftung Warentest bietet einen Musterbrief an, mit dem man zu viel gezahlte Gebühren zurückfordern kann.

Was mache ich, wenn meine Bank mich anschreibt? Nach dem Urteil muss jede Bank oder Sparkasse, die die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ändern will, den Kunden dazu auffordern, aktiv den Änderungen zuzustimmen. Ohne eine solche aktive Willensbekundung ist eine Änderung am Ende nicht wirksam.

Was ist, wenn man Änderungen der Geschäftsbedingungen nicht zustimmt? Natürlich haben Bankkunden kein Recht darauf, dass ihr einmal geschlossener Vertrag mit dem jeweiligen Geldhaus auf ewig so bestehen bleibt. Stimmen sie einer Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Aufforderung der Bank ausdrücklich nicht zu, kann das Geldhaus ihnen kündigen. Und zwar mit einer Frist von zwei Monaten. Die Frist für einen Kunden, der selbst kündigen will, beträgt nur einen Monat.

Kann das BGH-Urteil auch andere Bereiche betreffen? Theoretisch ja. Unzulässig wären auch Erhöhungen von Gebühren für ein Wertpapierdepot oder für Kreditkarten, die eine Bank nach einer sogenannten fingierten Zustimmung (wenn der Kunde also geschwiegen hätte) berechnet hätte.

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