Sprechstunde mit Dr. Heribert Brück Gibt es Alternativen zu Marcumar?

Unser Leserin Leni F. (69) aus Viersen fragt: "Vor drei Jahren wurde bei mir Vorhofflimmern festgestellt, seither nehme ich Marcumar und bin gut eingestellt. Die Ersatzpräparate waren meinem Hausarzt damals zu unsicher. Gibt es da Neues?"

Heribert Brück Bei Vorhofflimmern fürchten wir beim Patienten insbesondere den Schlaganfall; das Ausmaß des Risikos hängt davon ab, welche zusätzlichen Erkrankungen vorliegen. Effektiv verhindern kann man die Bildung von Blutgerinnseln, die zu einem Schlaganfall führen, durch Medikamente, die in die Blutgerinnung eingreifen und deshalb Antikoagulantien genannt werden. Bis vor einigen Jahren gab es dafür nur Phenprocoumon, das wir als Marcumar kennen, und Warfarin, das bei uns aber kaum eingesetzt wird. Seit September 2011 gibt es neue orale Antikoagulantien (NOAKs), die heute, da sie nicht mehr so neu sind, direkte orale Antikoagulantien (DOAKs) genannt werden - sie beeinflussen nur einen Gerinnungsfaktor, während Marcumar auf mehrere Faktoren wirkt. Mittlerweile gibt es bei uns drei DOAKs, und ein viertes steht vor der Tür.

Der Vorteil der neuen Medikamente ist die einfache Dosierung; man muss keine Blutkontrollen mehr durchführen. Doch dies wird als Kritikpunkt aufgeführt: dass man keine Kontrolle hat und dass ja wohl kaum eine Dosis bei allen gleich wirken kann. Ein weiterer Kritikpunkt sind die Kosten der Medikamente. Und dann liest und hört man auch immer wieder von ernsten Zwischenfällen, ja gar Todesfällen unter der Behandlung mit NOAKs.

In den Untersuchungen für die Zulassung wurden etwa 72 000 Patienten untersucht. In allen Studien waren die DOAKs mindestens genau so wirksam wie Warfarin, es gab oft sogar Überlegenheiten der Neuen. Die Nebenwirkungen, und hier insbesondere die schweren Blutungen, waren jedoch bei den neuen Substanzen deutlich geringer. Dies hat dazu geführt, dass von dem sehr kritischen "Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen" (IQWIG) für ein Präparat sogar ein Zusatznutzen gegenüber Marcumar festgestellt wurde.

Soeben wurden auch Daten amerikanischer Studien veröffentlicht, die nachgeschaut haben, ob die neuen Substanzen im Alltag die gleichen Vorteile bieten wie in den kontrollierten Studien. Ein Großteil stammt von der US-Zulassungsbehörde für Medikamente. Und auch hier konnte bei einer riesigen Zahl von Patienten nachgewiesen werden, dass das Blutungsrisiko eher geringer ist als unter Marcumar. Blutungen können bei allen Medikamenten auftreten, die in die Gerinnung eingreifen. Die Angst vor den neuen Medikamenten ist unbegründet. Trotzdem kann ein gut auf Marcumar eingestellter Patient weiter bei Marcumar bleiben.

(RP)
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