Robert-Koch-Institut warnt Noch mehr Kinder mit Tuberkulose

Berlin · Tuberkulose gehört weltweit zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Im Jahr 2010 starben in Deutschland 136 Patienten daran, offenbart der Tuberkulose-Bericht des Robert-Koch-Instituts. Immer mehr Kinder sind darunter.

Die wichtigsten Fakten über Tuberkulose
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Foto: Puwadol Jaturawutthichai/ SHutterstock.com

Das Robert-Koch-Institut (RKI) warnt vor einer möglichen Zunahme von Tuberkulose-Fällen in Deutschland. Die Erkrankung stelle ein relevantes Gesundheitsproblem in unserem Land dar. Insgesamt hat das RKI im Jahr 2010 rund 4.330 Tuberkulose-Fälle registriert, kaum weniger als im Jahr 2009 (4.419 Fälle, davon 164 Todesfälle). Diese Zahlen veröffentlichte das Robert-Koch-Institut im jährlichen Tuberkulose-Bericht. Den Grund für die hohen Neuinfektionszahlen sehen Experten in Medikamentenresistenzen, Bevölkerungswachstum und höherer Lebenserwartung.

Erste Hinweise schon im letzten Jahr

Schon im vergangenen Jahr schreckten Wissenschaftler des international arbeitenden Koch-Metschnikow-Forums auf: Auch wenn die Zahl der Tuberkulose-Erkrankungen in der EU leicht rückläufig sei, steige der Anteil der Kinder unter den Betroffenen. Auch in Deutschland nehmen die Fälle seit nun vier Jahren zu. Der Bericht des Robert-Koch-Instituts belegt die Beobachtungen der Wissenschaftler. Sowohl bei den 5- bis 14-Jährigen stieg die Zahl der Infektionen an.

Bei den Kindern ist die hoch ansteckende und meldepflichtige Krankheit schwer zu diagnostizieren und ebenso schwer zu behandeln. Sie nimmt bei ihnen zudem meist einen schwereren Verlauf als bei Erwachsenen. Am morgigen Dienstag startet in Berlin eine internationale Tuberkulose-Tagung, die sich mit diesen aktuellen Zahlen auseinandersetzen will und nach Lösungen sucht.

"In Anbetracht der Schwere der Krankheit und der Behandlungsdauer von mindestens sechs Monaten ist das noch immer eine viel zu hohe Zahl von Erkrankungen", betont Reinhard Burger, Präsident des Robert Koch-Instituts. Die Gesamtzahl der Erkrankungen nähert sich seit 2008 einem Plateau, während in früheren Jahren jährlich ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen war.

RKI warnt vor einer Zunahme der Fälle

Während mancher heute die Tuberkulose-Ansteckung nicht als ernstzunehmendes Risiko wahrnimmt, fürchten Experten, dass sich damit eine Trendwende ankündigen könnte und damit die Tuberkulose-Gefahr in den kommenden Jahren statt rücklaufen sogar zunehmen könnte. Das sei bereits in einzelnen Ballungsräumen in Deutschland zu beobachten.

Ein weiteres Anzeichen für eine mögliche Trendänderung sehen sie in den gestiegenen Fallzahlen bei Kindern: Im Jahr 2010 erkrankten 158 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren an dieser Krankheit. Damit setzt sich der 2009 erstmals beobachtete Anstieg fort (2009: 142 Fälle; 2008: 124 Fälle). Bei Kindern ist die Tuberkulose fast immer auf eine kürzlich erfolgte Ansteckung zurückzuführen und damit ein Indikator für das aktuelle Infektionsgeschehen.

Diese Menschen sind besonders betroffen

In den meisten Fällen war die Lunge das am häufigsten von der Erkrankung betroffene Organ. Bei rund einem Drittel der offenen Lungentuberkulosen lag die besonders ansteckende mikroskopisch positive Form vor. Insgesamt ist die Zahl der TB-Infektionen, die auf multiresistente Erreger zurückgehen, leicht gesunken. Das Robert-Koch-Institut stellt aber fest, dass der Anteil an multiresistenter Tuberkulose bei Patienten, die in der Türkei oder in einem Nachfolgestaat der ehemaligen Sowjetunion geboren sind "mit Abstand am höchsten" sei.

Um Neuerkrankungen besser vorbeugen zu können, liegt der Fokus der Mediziner vor allem darauf, im Falle einer diagnostizierten Tuberkulose die Infektionskette möglichst schnell zu durchbrechen. Dies bedeutet eine Herausforderung für die Gesundheitsämter, die im Umfeld der Erkrankten in detektivischer Arbeit, oftmals unter schwierigen Bedingungen, nach weiteren Infizierten und Erkrankten suchen müssen. Der Präsident des RKI, Reinhard Burger, würde sich eine bessere personelle und finanzielle Ausstattung der Gesundheitsämter wünschen. Er hält sie sogar für unverzichtbar.

Vorbeugende Maßnahmen verschärft

Eine erfolgreiche Behandlung erfordert eine Kombination von mehreren Medikamenten über sechs oder mehr Monate. Dies bedarf häufig einer engen Begleitung der Patienten in Zusammenarbeit von Klinik, behandelndem Arzt und Gesundheitsamt. Das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) und die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin hat gerade erst neue Empfehlungen zur Therapie der Tuberkulose herausgegeben. Darin geht es unter anderem um eine bessere Infektionsprävention in Arztpraxen, beim Krankentransport und in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten und Schulen.

Da Tuberkulose nicht an Ländergrenzen stoppt, müssen die internationalen Anstrengungen zur Kontrolle der Erkrankung in Ländern mit hohen Erkrankungsraten unterstützt werden. Das Nationale Referenzzentrum für Mykobakterien hilft seit Jahren beim Aufbau von Tuberkulose-Programmen und -Laboratorien in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion. Das Koch-Metschnikow-Forum gestaltet Partnerprogramme und wissenschaftliche Kooperationsprojekte vor allem mit Russland, Georgien und Moldawien.

(wat)
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