Kolumne: Der Ökonom Der Popanz der Erbschaftsteuer

Düsseldorf · Die neue Erbschaftsteuer dürfte nur wenige Unternehmen treffen. Trotzdem wird erbittert darum gerungen. Am besten wäre ein einfacher niedriger Satz für alle Erbschaften.

 Unser Autor Martin Kessler.

Unser Autor Martin Kessler.

Foto: Kessler

Mit einem Aufkommen von sechs Milliarden Euro trägt die Erbschaftsteuer noch nicht einmal ein Prozent zu allen Steuereinnahmen des Staates bei. Trotzdem wird über die Reform des vom Bundesverfassungsgericht gekippten Erbschaftsteuergesetzes mehr gestritten als über eine neue Einkommensteuer. Sie gilt offenbar als Test dafür, wie sozial und gerecht eine Gesellschaft ist.

Ökonomisch betrachtet könnte die Erbschaftsteuer gut in die allgemeine Einkommensteuer integriert werden. Die kann so erhoben werden, dass alle Vermögenszuwächse, die eine Person erzielt, nach dem allgemeinen Tarif besteuert werden. Das könnte bei Unternehmenserbschaften zu großen Liquiditätsproblemen führen oder das Betriebsvermögen reduzieren. Man müsste also die Steuer wenigstens stunden.

Ein weiterer Nachteil ist, dass der Staat den Anreiz, ein Erbe zu hinterlassen, erheblich mindert. Das Vererbungsmotiv gilt laut dem US-Ökonomen Robert Barro als wesentlicher Anreiz, ein Haus zu bauern oder ein Unternehmen zu gründen. Beides würde nicht in der von den Wirtschaftsakteuren gewünschten Zahl erfolgen - mit Verlusten an Wohlstand, Einkommen und Arbeitsplätzen.

Schließlich ist nicht einzusehen, warum der Staat über mehrere Generationen dann ganze Erbschaften einzieht. Das wäre eine kalte Enteignung, die mit unserer Eigentumsordnung nicht vereinbar wäre.

Man könnte nun die Erbschaftsteuer einfach abschaffen. Aus pragmatischer Sicht wäre das durchaus angebracht. Es würde freilich das Gerechtigkeitsempfinden weiter Bevölkerungsteile stören. Dass ausgerechnet "unverdient" zufallende Einkünfte nicht versteuert werden, ist kaum zu vermitteln.

Empfehlenswert ist ein Mittelweg: Ein niedriger Steuersatz (10 bis 15 Prozent) auf alle Erbschaften mit einem Freibetrag für Erben in direkter Linie, also Kinder, Enkel und Eltern. Das wäre einfacher und gerechter als die hochkomplizierte Regelung, die derzeit im Vermittlungsausschuss liegt. Und die trifft ohnehin nur ganz wenige Unternehmen.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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