Merz: "Reihe von Angeboten" Letzte Frist für die WestLB

Düsseldorf (RP). Bis Montag sind laut Wirtschaftsanwalt Friedrich Merz "eine Reihe von Angeboten" für die Bank eingegangen. Ein ernsthafter Käufer scheint nicht darunter zu sein. Die Betriebsräte übergaben einen Band mit Mitarbeiter-Portraits an EU-Kommissar Almunia.

Friedrich Merz gibt den Kampf um die WestLB noch nicht verloren. Der Wirtschaftsanwalt, der im Auftrag der Bundesregierung die angeschlagene Landesbank verkaufen soll, teilte gestern mit, es seien "eine Reihe von Angeboten zum Erwerb der Bank eingegangen". Vor einigen Wochen hatten sich auf seine Anzeige hin fünf Interessenten gemeldet, wie unsere Redaktion erfuhr. Bis gestern konnten sie (unverbindliche) Angebote mit Preisvorstellungen an die Morgan-Stanley-Bank in Frankfurt schicken, die den Verkauf begleitet. Fünf bis zehn Seiten lang seien diese Angebote gewesen, heißt es. Bedingung war, dass die Käufer für die ganze Bank bieten.

Dass ein ernsthafter Käufer darunter ist, ist fraglich. Denn der Lenkungsausschuss, in dem neben Merz unter anderem auch die Präsidenten der NRW-Sparkassenverbände, NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans und Rettungsfonds-Chef Hannes Rehm sitzen, kam gestern zwar in Düsseldorf zusammen. Er vertagte sich aber. Merz sprach in seiner Mitteilung von einer "konstruktiven Atmosphäre", in der man über das Bieterverfahren gesprochen habe. Andere sprachen von einem Fiasko. "Die Positionen liegen weit auseinander, niemand hat eine schlüssige Lösung", hieß es im Umfeld der Teilnehmer.

Aufsichtsrat tagt heute

Heute tagt der Aufsichtsrat der Bank. Eigentümer und Bank-Chef Dietrich Voigtländer suchen auch hier nach einer Lösung für die Landesbank, der Brüssel noch bis zum 15. Februar Zeit für die Erarbeitung eines tragfähigen Umbauplans gibt. Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia pocht darauf, dass die WestLB stärker als geplant schrumpft und massiv Arbeitsplätze abbaut, nachdem sie milliardenschwere Hilfen erhalten hat.

Zu Almunia nach Brüssel waren gestern auch fünf Betriebsräte der WestLB und der Immobilientochter WestImmo gereist, um gemeinsam mit Verdi-Chef Frank Bsirske für die 4700 Mitarbeiter zu kämpfen. Eine Stunde lang sprachen sie mit dem Wettbewerbskommissar. Der Sozialist habe durchaus die Sorgen der Mitarbeiter verstanden, bleibe in der Sache aber hart und bestehe auf einen Umbau-Plan bis Februar, erklärte Betriebsrats-Chefin Doris Ludwig. Bei ihrem Besuch übergaben die Betriebsräte auch ein Buch mit Portraits von 1800 Mitarbeitern, das den Titel trägt "Die WestLB hat ein Gesicht".

Verkauf

Wie geht es weiter? Am Donnerstag kommt der Lenkungsausschuss noch einmal zusammen, um über die Angebote zu beraten. Dann wird bestimmt, wer von den Bietern einen detaillierten Einblick in die Bücher ("Datenraum") bekommt und bis wann verbindliche Angebote abgegeben werden können. Merz' Problem dabei ist, dass er die Katze im Sack verkaufen soll: Solange nicht klar ist, welche EU-Auflagen die Bank nach dem 15. Februar erfüllen muss, dürfte sich kein Käufer finden, schon gar nicht für die gesamte Bank. Dass Finanzinvestoren sich interessieren, ist wenig plausibel: Der Käufer muss die Refinanzierung der WestLB sicherstellen, wozu eigentlich nur andere Banken in der Lage sind. Andere Banken, wie etwa die Landesbanken, haben aber genug eigene Sorgen.

Fusion

Nach dem Scheitern der Fusionsgespräche mit der BayernLB wird immer wieder die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) als potenzieller Partner genannt. Die Helaba hat sich öffentlich jedoch schon skeptisch geäußert. Im Gespräch ist auch die Deka-Bank, der Fonds-Verwalter der Sparkassen. Die Dekabank steht aber selbst vor einem Eigentümer-Wechsel, weshalb sie kaum ein Mandat für einen WestLB-Kauf haben wird.

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hatte in einem Interview Anfang Dezember bereits erklärt, das Zeitfenster für eine Konsolidierung, also Fusion, sei inzwischen zu. Die Opposition im NRW-Landtag vermutet nun, Kraft wolle "die WestLB möglichst schnell vor die Wand fahren lassen, damit sie die Schuld der Vorgängerregierung in die Schuhe schieben kann", wie ein prominentes CDU-Mitglied gestern sagte. Namentlich genannt werden will er nicht: "Ich will die Bank nicht noch weiter in den Sumpf reden."

Abwicklung

Als wahrscheinlichere Lösung gilt derzeit, dass Merz die Zielvorgabe "Verkauf als Ganzes" aufgibt, um wenigstens die profitablen Teile zu veräußern. Dazu zählen etwa die Projektfinanzierung oder das Rohstoff-Geschäft. Der Rest müsste abgewickelt werden. Eine Abwicklung würde laut Finanzminister Walter-Borjans die Sparkassen und den Steuerzahler mehrere Milliarden Euro kosten. Zudem müsste die landeseigene NRW-Bank "einige hundert" WestLB-Mitarbeiter übernehmen, die aus den 80er Jahren noch beamten-ähnliche Arbeitsverträge haben. So sehen es frühere Vereinbarungen vor. Eine Abwicklung einer Bank in dieser Größenordnung droht zudem das Bankensystem zu erschüttern. Zuletzt wies die WestLB Derivate von einem Nennwert über 2,6 Billionen Euro aus. Die Käufer dieser Derivate hingen in der Luft, wenn die WestLB Pleite geht. Steuerzahler und Beschäftigte wären ohnehin die Verlierer.

(RP)
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