US-Investor Der Schrecken der deutschen Konzerne

Leverkusen · Bayer-Chef Baumann zeigte sich nach dem Einstieg des US-Fonds offen, die Aktie zog an. Doch Elliott gilt als ausgesprochen aggressiv.

US-Investor: Der Schrecken der deutschen Konzerne
Foto: picture alliance / dpa/Remy Steinegger/Wef/Swiss-Image.

Für die leidgeplagten Bayer-Aktionäre gab es am Dienstag eine Atempause: Die Aktie zog kräftig an und legte um vier Prozent auf 63 Euro zu. Am Vortag war sie auf 60 Euro und damit den tiefsten Stand seit Jahren gefallen. Die Anleger reagierten laut „Manager Magazin“ auf die jüngsten Aussagen von Bayer-Chef Werner Baumann beim Wirtschaftsgipfel unserer Redaktion. „Mich hat noch keiner angerufen“, hatte Baumann zu Berichten gesagt, nach denen der aggressive Hedgefonds Elliott bei dem angeschlagenen Pharma- und Chemiekonzern eingestiegen ist. Zugleich hatte Baumann aber auch betont: „Grundsätzlich begrüßen wir immer einen neuen Aktionär, der den Unternehmenswert auch im Sinne der Strategie, die der Konzern verfolge, unterstützt.“ Elliott sei zudem schon sehr lange bei dem übernommenen Monsanto-Konzern als Aktionär engagiert gewesen, so Baumann. Elliott sei ein Aktionär, der Unterbewertungsopportunitäten im Markt sehe.

Doch der Fonds des Amerikaners Paul Singer ist tatsächlich der Schrecken vieler Konzerne. Zuletzt war Elliott ins Rampenlicht gerückt, als das Unternehmen im Mai beim Essener Industriekonzern Thyssenkrupp eingestiegen war, nur knapp unter der meldepflichtigen Schwelle von drei Prozent der Anteile. Hinter den Kulissen soll Singers Mannschaft gemeinsam mit dem ebenfalls als aktivistisch geltenden schwedischen Investor Cevian auf ein Filetieren des Mischkonzerns hingearbeitet haben. Der damalige Vorstandschef Heinrich Hiesinger warf im Sommer entnervt das Handtuch, weil er zu wenig Rückendeckung für seine integrierte Konzernstrategie bei den Anteilseignern sah.

Wenige Tage später gab der damalig Aufsichtsratschef Ulrich Lehner der „Zeit“ ein aufsehenerregendes Interview. Darin sagte der erfahrene Manager – ohne den Namen Elliott konkret in den Mund zu nehmen: „Wir sprechen nicht nur in der Hauptversammlung, sondern in vielen Treffen mit unseren Aktionären. Bedauerlicherweise beschreiten einige aber auch andere Wege, die teilweise schon als Psychoterror bezeichnet werden können.“ Auf die Frage, was er damit meine, sagte Lehner: „Unwahrheiten in der Öffentlichkeit zu platzieren, unberechtigte Rücktrittsforderungen bis hin zum Belästigen von Nachbarn und Familienmitgliedern.“ Belege dafür lieferte Lehner indes nicht. Wenige Tage später nahm auch er seinen Hut.

Singers Truppe gilt in der Branche als nicht gerade zimperlicher Haufen, der sich darauf spezialisiert hat, bei angeschlagenen Firmen einzusteigen, um diese nach erfolgreicher Rettung vor der Insolvenz wieder abzustoßen oder aber bei gescheiterter Rettung, die Schuldner zu verklagen. Wie unangenehm ein Elliott-Engagement sein kann, bekam auch der frühere Siemens-Chef Klaus Kleinfeld zu spüren. Der hatte sich nach seinem Engagement bei den Münchnern in der amerikanischen Aluminium-Branche Fuß gefasst. Genauer: beim Marktführer Alcoa. Als dieser aufgespalten wurde, wurde der Deutsche Chef der neu gegründeten Weiterverarbeitungssparte Arconic. Doch Elliott war mit der Leistung Kleinfelds unzufrieden und forderte einen Umbau der Führungsetage. Kleinfeld revanchierte sich mit einem süffisanten Brief an Singer, in dem er verklausuliert Andeutungen über Fehltritte bei einem Berlin-Besuch des Fonds-Managers während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 machte. Elliott empfand das als Drohung, veröffentlichte den Brief. Auch Kleinfeld musste gehen.

In Deutschland mischt der US-Fonds fleißig bei Übernahmeschlachten mit. So auch beim Pharma-Unternehmen Stada. Der Enstieg der New Yorker dürfte nicht erfolgt sein, um am Ende Stada zu übernehmen. Vielmehr gelang es, den Preis in die Höhe zu treiben, denn die beiden erfolgreichen Bieter, Bain Capital und Cinven, musste deutliche Aufschläge an Elliott zahlen, um das Unternehmen wie geplant von der Frankfurter Börse nehmen zu können.

Auch als bekannt wurde, dass der finnische Energieversorger Fortum die Eon-Ausgründung Uniper komplett übernehmen wollte, erschien plötzlich Elliott auf der Bildfläche. Auch hier dürfte das erklärte Ziel ein deutlich höherer Verkaufspreis sein. Noch im November meldete Elliott eine Anteilsaufstockung von 12,8 auf 16,51 Prozent.

Das eindrucksvollste Beispiel von Singers Beharrlichkeit ist jedoch kein Unternehmen, sondern ein Land: Als Argentinien 2001 zahlungsunfähig wurde, kaufte sein Fonds in großem Stil Staatsanleihen. Ein Gros der Gläubiger stimmte später einem Schuldenschnitt zu, nicht so Singer. Elliott verklagte das Land – und bekam Recht. Am Ende strich er so eine 1000-prozentige Rendite ein.

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