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Ausschluss der Öffentlichkeit Training hinter dem Vorhang

Düsseldorf · Die Bundesliga folgt dem internationalen Trend. Immer seltener wird öffentlich trainiert. Es soll möglichst niemand mitbekommen, wie taktische Züge geprobt oder mit welchem Trick künftig die Freistöße ausgeführt werden.

 Wer da zuschauen will, der muss schon mit einer Drohne arbeiten: Trainingsalltag beim FC Bayern München an der Säbener Straße.

Wer da zuschauen will, der muss schon mit einer Drohne arbeiten: Trainingsalltag beim FC Bayern München an der Säbener Straße.

Foto: Imago

Am Borussia-Park in Mönchengladbach ist Wandertag. Kindergartengruppen ziehen fröhlich lärmend übers Gelände, Familien machen einen Ferienausflug, Fans drängen sich um den Trainingsplatz, später stehen sie um ein Selfie mit ihren Idolen an, Autogrammjäger bringen sich mit dicken Büchern und Stiften schon mal in Stellung.

Das ist Alltag in Mönchengladbach, vor allem in den Ferien. Und Trainer Dieter Hecking findet das auch "gut so. Wir sind doch froh, dass wir so eine Begeisterung auslösen", sagt er. Öffentliches Training ist deshalb die Regel beim Bundesligisten vom Niederrhein. Nur einmal in der Woche zieht Hecking den Vorhang zu. Dann wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit trainiert. "Das muss vor Spieltagen so sein", erklärt der Coach.

Die Mönchengladbacher Fans leben in einem gelobten Land. Denn es ist längst nicht mehr normal, dass Fußballklubs sich unter der Woche ihrem Anhang beim Training vorstellen. Zunehmend mehr Trainer halten nichts von dieser Form der Öffentlichkeitsarbeit, sie beschränken den Publikumszugang.

Bei Borussia Dortmund beispielsweise ist es bereits die Ausnahme von der Regel, wenn Fans bei den Übungseinheiten im Trainingszentrum im Ortsteil Brackel zuschauen dürfen. Höchstens zweimal im Monat lässt der Verein Zuschauer zu - und das ist auch nur ein Richtwert. Thomas Tuchel, der oberste Übungsleiter im Klub, fühlt sich gestört - nicht nur durch Kommentare und aufmunternde Zurufe von der Seite, sondern bereits durch neugierige Blicke. Es soll möglichst niemand mitbekommen, wie taktische Züge geprobt, mit welchem Trick künftig die Freistöße ausgeführt werden, wer der vielzitierte Zielspieler bei den Standards ist und wer wann wem den Ball beim Einwurf zuwirft.

Das klingt nach albernem Versteckspiel. Und das ist es manchmal auch. So hat der Klub ein Grundstück in der Nähe des Trainingsgeländes erworben, das sich aus der flachen Dortmunder Ebene buchstäblich erhebt. Findige Trainingskiebitze haben eine Zeit lang von dort das Training bestaunen können. Aber das war einmal, der BVB kaufte den Berg und ist vor Blicken von dort vorerst geschützt. 326.900 Euro soll der Spaß gekostet haben. Seither schauen nicht nur die Spione anderer Klubs, die es wirklich gibt, sondern auch die Anhänger des Vizemeisters der vergangenen Saison in die Röhre.

Die Dortmunder entschädigen ihre Fangemeinde dafür in den sogenannten Trainingslagern. Dort gehören öffentliches Training und ausgiebige Kontaktpflege zur zahlenden Kundschaft zur alljährlichen Folklore.Deshalb ist der Schweizer Kurort Bad Ragaz im Sommer ein bevorzugtes Reiseziel für hunderte von BVB-Freunden, die den Ort in Gelb und Schwarz tauchen und gelungene Aktionen während der Übungseinheit begeistert beklatschen. Dann macht auch Trainer Tuchel freundliche Miene zum lautstarken Spiel. Er bedient damit das Image der Volkstümlichkeit.

Bei Fußballvereinen im Ausland sind derartige Partys am Trainingsplatz unvorstellbar. Englische, spanische und italienische Klubs ziehen sich zur täglichen Detailarbeit auf ihr Klubgelände zurück, die Tore bleiben verschlossen - auch für die Medien.

Das führt dazu, dass in Ermangelung tieferer Einblicke ins taktische Innenleben so manche Geschichte geschrieben wird, die ihre Entstehung eher der Vorstellungskraft des Autors verdankt. Das ist dann eine besondere Form der europäischen Fußball-Folklore.

Die Nationalmannschaft kommt zu ihren Trainingseinheiten viel seltener zusammen als Klubteams. Deshalb ist hier das öffentliche Training eine Ausnahme, und es wird schon mal von zigtausend neugierigen Fans besucht. Es ist dann auch mehr Show als ernsthafte Arbeit. Bei großen Turnieren hält sich die DFB-Führung an internationale Bräuche. Eine Viertelstunde öffnet sie die Übungseinheiten für Medien.

Die bestaunen dann artig, wie Torwart Manuel Neuer Dehnübungen macht, die Normalsterbliche unverzüglich in orthopädische Behandlung bringen würden. Sie sehen, wie die Feldspieler über den Platz joggen. Und sie finden natürlich ganz toll, wie Bundestrainer Joachim Löw (57) in seinem hohen Alter noch mit dem Ball jonglieren kann. Die aufschlussreicheren Details entziehen die DFB-Oberen zudringlichen Blicken.

Es gelingt ihnen nicht immer. Im EM-Camp von Evian-les-Bains übersahen die Verbandsmitarbeiter bei der blickdichten Versiegelung ihres Trainingsplatzes die Reize der französischen Berglandschaft. Von einer höher gelegenen Straße war zumindest die Hälfte des Platzes bequem einzusehen. Dort wurde dann Nachrichtengeschichte geschrieben. Enthüllungsjournalisten erkannten, dass Mario Gomez ein spezielles Schusstraining absolvierte. Daraus schlossen sie, dass der Stürmer im Achtelfinale gegen die Slowakei spielen würde. Die Nachricht wurde gerade noch rechtzeitig vor dem Anpfiff verbreitet. Den Slowaken nützte es nichts. Sie verloren 0:3, und Gomez schoss eines der drei Tore.

(pet)
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