Deutsche Tankstellenbetreiber kämpfen um Existenz Öl-Multis melden satte Gewinne

Hamburg (AP). Beeindruckende Zahlen legte die Ölindustrie in diesen Tagen vor: BP Amoco steigerte den weltweiten Gewinn im zweiten Quartal 2000 um 164 Prozent auf etwa 7,9 Milliarden Mark. Exxon Mobil legte um 108 Prozent auf 7,3 Milliarden Mark zu und Shell kam auf ein Plus von 65 Prozent und sieben Milliarden Mark Gewinn. Warum, fragen sich angesichts solcher Zahlen deutsche Autofahrer, jammern die Konzerne dann hier zu Lande so laut darüber, dass sie an den Tankstellen und in den Raffinerien dicke Verluste machen?

Ganz einfach: In Deutschland gibt es praktisch keine Ölquellen. Die dicken Gewinne der Multis kommen zurzeit vor allem aus der Ölförderung im Nahen Osten, der Nordsee und den anderen Lagerstätten.

Im Wesentlichen gibt es vier Geschäftsbereiche der Ölkonzerne in Deutschland: Tankstellen, Raffinerien, das Chemiegeschäft und die(Gas-) Förderung. Im Moment ist die Lage ungefähr so: Bei den Tankstellen machte die Branche von Mai bis Juli kräftige Verluste, in Presseberichten ist von bis zu einer Milliarde Mark die Rede. Auch die Raffinerien schreiben rote Zahlen, schon seit längerer Zeit. Dagegen wird im Chemiegeschäft Geld verdient, etwa bei der Herstellung von Grundprodukten für Plastik. In der Gasförderung wird sogar kräftig abgesahnt. Denn auch in Deutschland wird Gas und ein bisschen Erdöl gefördert, für die Konzerne ein Supergeschäft: Mehrere hundert Millionen Mark zum Beispiel für Shell und Esso, die vor allem in Niedersachsen fördern. Auch die deutsche BP und ARAL profitieren auf Umwegen über verbandelte Gesellschaften von Gasförderung.

Das sind aber kleine Fische im Vergleich zu den Milliardensummen, die auf internationaler Ebene angesichts der hohen Ölpreise zurzeit bei der Förderung verdient werden: Die Förderkosten liegen momentan etwa zwischen zwei Dollar (4,32 Mark) in Saudi-Arabien und 15 bis 19 Dollar pro Barrel (159 Liter) in der Nordsee. Bei einem Ölpreis von 30 Dollar ist da viel Geld zu verdienen. Die von der Förderdisziplin der OPEC nach oben getriebenen Ölpreise lassen damit auch den Profit der Firmen steigen. Angekündigte Fördererhöhungen der Saudis sind dagegen noch nicht groß auf den Märkten angekommen.

Die Förderkosten könnten zudem noch sinken: Zwei neue technische Verfahren sparen Geld: Die computergestützte 3-D-Seismik kann viel genauer sagen, wo Öl zu vermuten ist, es muss weniger für teures Geld gebohrt werden. Und neuartige Bohrgestänge können nicht nur direkt abwärts, sondern auch um die Ecke bohren, was Bohrtürme erspart.

Gewinnmarge an den Zapfsäulen zu klein

Was ist nun an den deutschen Zapfsäulen los? Hier gibt es seit Mai einen Preiskampf der Branche, weil die DEA die Payback-Rabattkarte einführte, wodurch das Benzin dort praktisch einen Pfennig billiger wurde. Die anderen Marken nahmen die Herausforderung an und senkten die Preise, so dass zeitweise Benzin mit Verlust verkauft wurde. Darunter mussten vor allem die Freien Tankstellen leiden, denen die Finanzpolster der Großen fehlen und die deshalb auch das Bundeskartellamt einschalteten. Zurzeit wird nach Angaben der Branche nicht mehr unter dem Abgabepreis der Raffinerien verkauft, aber die Gewinnmargen an den Zapfsäulen sind ihnen immer noch zu knapp.

Dass die Benzinpreise derzeit so hoch sind, liegt also an den hohen Rohölpreisen, dem kräftigen Dollar aber auch an der Bundesregierung, die über verschiedene Steuern den weitaus größten Anteil am Benzinpreis kassiert.

(RPO Archiv)
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