Die CSU und ihre Pannen Stoibers blasse Nachfolger

München (RP). 1976 hielt der damalige CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß eine Strafpredigt, die wegen der Grillhähnchen-Lokalität als "Wienerwald-Rede" legendär wurde. In einer Passage ätzte Strauß über politisches Führungsversagen. Kostprobe: "Wenn ein Rentner mit fünf Dackeln spazieren geht, der eine hebt's Bein, der andere läuft dem Wurstzipfel nach, der dritte verschwindet in der Kantine, der vierte legt sich im Straßengraben schlafen, und der fünfte jault durch die Gegend. Und wenn man ihn dann fragt: Ja, was ist denn da los?, sagt er: Ja, das ist mein Führungsstil." Das zielte 1976 gegen die von Strauß für unfähig gehaltene CDU-Spitze in Bonn.

Angekratzer Mythos: Die Pleiten der CSU
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Heute, sechs Monate nach dem unfreiwilligen Abgang Edmund Stoibers und dem Start des Nachfolge-Duos Günther Beckstein (Ministerpräsident Bayerns) und Erwin Huber (CSU-Chef) werden sich nach erneuter Lektüre des Textes manche CSU-ler sagen: "Dös mit dem Rentner, dös könnten jo mir san." Immer mehr Christsoziale beschleicht das Gefühl, dass Beckstein und Huber, die seltsam glücklos agieren, nicht das führungsstarke Tandem sind, als das sie nach dem Kreuther Aufstand gegen Stoiber Anfang 2007 in die Pedale getreten hatten. Schon macht bei Mitgliedern der CSU in der Bundestags-Landesgruppe, im Münchner Landtag, in der Staatsregierung das Wort von den Führungsfiguren des Übergangs die Runde.

Und wie das so ist, wenn an der Spitze Schwäche sichtbar wird, keimen bei anderen, die sich für politisch befähigter, vor allem dynamischer halten, neue Hoffnungen. Viele fragen sich, ob nicht Bundesminister Horst Seehofer, der Ende September 2007 bei der Vorsitzenden-Wahl gegen Huber unterlegen war, nicht doch mehr politisches, vor allem bundespolitisches Gewicht auf die CSU-Waage legen könnte als der unauffällige Niederbayer Huber. Der ist zwar von seiner Ämtern her (Landesfinanzminister und CSU-Vorsitzender) eigentlich das weiß-blaue Schwergewicht. Indes, niemand merkt es.

Nach den für die CSU mäßig ausgegangenen Kommunalwahlen (minus fünf Prozent gegenüber 2002), vor allem mit sorgenvollem Blick auf die Landtagswahl im Herbst, hatte Huber hektisch versucht, bundespolitisch zu punkten: Die Pendlerpauschale gehöre wieder eingeführt, hatte er gefordert, er, der als Finanzfachmann und Haushalts-Sanierer auch schon einmal für das Gegenteil plädiert hatte.

CSU-Politik nicht aus einem Guss auch beim Rauchverbot: Erst hatten Huber und Beckstein es hingenommen, dass sich der neue CSU-Fraktionschef Georg Schmid mit dem im Ländervergleich striktesten Rauchverbot zu profilieren versuchte, dann lockerte die neue Führung das unpopuläre Rundum-Verbot für Bierzelte zur Oktoberfestzeit. Beim Aus für den Transrapid machte Beckstein den Eindruck eines Überrumpelten. Ferner düpierte er seinen Parteichef mit der Bemerkung, die Verluste bei der Landesbank könnten statt zwei auch vier Milliarden Euro betragen.

Bank-Aufsichtsrats-Vize Huber war verärgert über das nicht abgesprochene Vorpreschen, zumal nicht Beckstein, sondern er ständig mit den finanziellen Unwägbarkeiten der Bayern-Bank in Verbindung gebracht wird. Sorgte sich früher oft die CSU über Schwäche-Zustände der CDU, ist es jetzt Letztere, die ängstlich gen Süden blickt. Der CDU-Abgeordnete Georg Brunnhuber hofft auf eine höhere Macht. Er sagte dem "Focus": "Wir Baden-Württemberger beten jeden Tag, dass die CSU so schnell wie möglich wieder zu ihrer alten Stärke findet."

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