Linke erwägt eigenen Kandidaten Lötzsch kritisiert Gauck als "Kandidat der kalten Herzen"

Berlin · Die Linke erwägt nach der Nominierung des Präsidentschaftskandidaten Joachim Gauck durch die anderen Bundestagsparteien die Aufstellung eines eigenen Bewerbers. "Diese Möglichkeit halten wir uns ausdrücklich offen", sagte Parteichefin Gesine Lötzsch am Montag vor Journalisten in Berlin.

 Linken-Parteichefin Gesine Lötzsch denkt über einen eigenen Bundespräsidenten-Kandidaten nach.

Linken-Parteichefin Gesine Lötzsch denkt über einen eigenen Bundespräsidenten-Kandidaten nach.

Foto: dapd, dapd

Es müsse sich dafür aber eine Persönlichkeit finden, die auch aus den anderen politischen Lagern Unterstützung erhalten könne. Die Linke will bei einem Treffen mit ihren Ländervertretern am Donnerstag über die Kandidatenfrage beraten.

Die Parteispitze kritisierte Gauck, der die Unterstützung von Schwarz-Gelb sowie von SPD und Grünen hat, scharf. Der frühere Stasiakten-Beauftragte sei der "Kandidat der kalten Herzen", sagte Lötzsch mit Blick auf dessen Kritik an der Occupy-Bewegung gegen die Bankenmacht. Der frühere DDR-Bürgerrechtler sei ein "Verteidiger des Finanzmarktkapitals", fügte der Ko-Vorsitzende Klaus Ernst hinzu. Mit der Einschätzung, die Anti-Banken-Proteste seien "albern", ignoriere Gauck eine breite Bürgerbewegung und stelle sich auf die "Seite der Herrschenden".

Ernst kritisierte zudem, dass die Linke in die Kandidatensuche von den anderen Parteien nicht einbezogen worden war. Damit seien fünf Millionen Wähler "faktisch unberücksichtigt" geblieben. Union, FDP, SPD und Grüne hatten sich am Sonntag nach lebhaften Beratungen auf Gauck als Kandidat für die Nachfolge des am Freitag zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff geeinigt. Das neue Staatsoberhaupt soll am 18. März gewählt werden.

Die Linke hatte es bereits bei der letzten Bundespräsidentenwahl abgelehnt, zusammen mit SPD und Grünen für Gauck zu stimmen. Die Partei wirft dem ehemaligen Chef der Stasi-Akten-Behörde unter anderem vor, den Afghanistan-Einsatz zu befürworten, die Bürgerrechtsbewegung zu kritisieren und in der Integrationspolitik Thesen des früheren Bundesbankvorstands und Berliner Senators Thilo Sarrazin zu teilen.

Die Linke hatte bereits bei früheren Wahlen eigene Kandidaten aufgestellt. 1999 schickte die damalige PDS die Theologin und Autorin Uta Ranke-Heinemann ins Rennen, 2009 den Schauspieler Peter Sodann. 2010 kandidierte die Bundestagsabgeordnete Luc Jochimsen für die Linke gegen Gauck und Christian Wulff.

(AFP)
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